taz.de -- Zehn Jahre Holocaust-Mahnmal: Erinnerung und Eventkultur
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist zum festen Bestandteil des Berlin-Tourismus geworden. So war das nicht gedacht.
BERLIN taz | Was denken sich nur all die jungen Touristinnen und Touristen, die auf den Stelen des Holocaust-Mahnmals posieren, Selfies schießen und die dann mit Hashtags wie „happy“, „jump“, „cool“ oder „good times“ in die Welt setzen?
Wahrscheinlich genauso wenig wie die Kids, die über die Stelen hüpfen und sich nach ihren Eltern umschauen – die natürlich klatschen. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist zum festen Bestandteil des Berlin-Tourismus geworden. Am 10. Mai jährt sich zum zehnten Mal seine Öffnung.
Bevor der Bundestag 1999 den Bau des Mahnmals beschlossen hatte, war jahrelang kontrovers debattiert worden. Einen ersten Entwurf – eine schiefe Ebene aus Beton mit den Namen der Opfer – kassierte Helmut Kohl persönlich. Dass sich in einem zweiten Anlauf alle auf den Entwurf von Peter Eisenman einigen konnten, hat auch mit dessen gewollter Unschärfe zu tun.
Weil die Monstrosität des Massenmords an den Juden ohnehin nicht darstellbar ist, wurde ein Stelenfeld in die Mitte Berlins gesetzt. Wie das zu interpretieren sei, ist die Sache jedes Einzelnen. Das war so inhaltsfrei wie konsensfähig.
Meistens, so steht zu befürchten, wird ohnehin nicht interpretiert. Zehn Jahre nach seiner Fertigstellung kann man deshalb bilanzieren, dass das Mahnmal zwar akzeptiert ist, gleichzeitig aber auch zu einer Sehenswürdigkeit Berlins geworden ist.
Zwischen Erinnerung und Eventkultur verläuft am Mahnmal also nur ein schmaler Grat. Fehlt bloß, dass demnächst einer postet. „Seht her, wie eindrucksvoll wir Deutschen unsere Geschichte aufarbeiten.“
6 May 2015
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