taz.de -- Kolumne Zwischen Menschen
Die Männer von der Stadtreinigung trugen Weihnachtsmützen und ich hatte zu Hause auch eine liegen. Da kam mir eine Idee.
Es gibt Momente, in denen wissen wir intuitiv, was passieren wird. Mir ging es so beim Verlust meiner geliebten langjährigen Handschuhe.
Wenn ich Menschen am frühen Morgen treffe, erfasst mich ein Gefühl der Zärtlichkeit. Ich denke dann, dass alle Menschen etwas Gutes in sich haben.
Ein hilfloses, todgeweihtes Tier zu retten, ist ein menschlicher Impuls. Aber ist es auch in jedem Fall richtig?
Da war dieser Mann, der so hastig und unentspannt auf dem Spielplatz herumsuchte. Ich verstand sein Verhalten nicht. Dann gingen meine Alarmglocken an.
Ein Mensch verrichtet sein Geschäft ganz öffentlich, im Park – und macht damit sichtbar, dass es ihm an Rückzugsraum fehlt.
Ich stehe mit einer fremden Frau, der ich geholfen habe, auf der Straße. Kurz denke ich an meinen Termin, den ich innerlich loslasse. Es ist zu spät.
Manchmal lösen sich Missverständnisse auf überraschende Weise. Am Ende kann man sogar darüber lachen.
Im Bordbistro wurde ärztliche Hilfe benötigt. Zufällig war ich zugegen und erlebte wie es sich anfühlt, für eine Ärztin gehalten zu werden.
Als wir unsere Wanderung auf einem südtiroler Berg beginnen, schließen sich uns eine Ziegenmutter und acht Zicklein an. Wir werden sie nie vergessen.
Ordnung ins Leben zu bringen, kann schon damit anfangen, dass man mit jemand über die eigene Unordnung spricht.
Wir saßen im behaglichen Sechserabteil und schlummerten. Dann kamen die Schäferhunde, danach der starke Raucher. An Schlaf war nicht mehr zu denken.
Der Pfandautomaten-Raum im Supermarkt ist ein unangenehmer Ort. Vor allem, wenn die Maschine den Geist aufgibt, während man in der Schlange steht.
Es ist aufschlussreich, hinter den Menschen herzugehen. Manchmal verraten sie von hinten mehr von sich, als von vorn. Und machen zauberhafte Dinge.
Noch niemals bin ich in einem Fahrstuhl stecken geblieben. Nun ist es mir auf einer Reise durch Indien doch passiert.
Ich setzte mich zu dem mittelalten Mann ins Abteil. Plötzlich hielt der Zug und die Lichter gingen aus. Trotz meiner Beklemmung begann ein Gespräch.
Wenn fremden Menschen in der Öffentlichkeit etwas Peinliches passiert, fühlt es sich falsch an, dabei zu sein. Man wird zwangsläufig Teil der Situation.
Manchmal bricht Märchenhaftes in das Leben und lässt es besonders klar erscheinen. Und manchmal beginnt das mit einem Wolf auf den Gleisen.
Unterhaltungen zwischen Fremden haben am Anfang oft etwas Ungelenkes. Schön zu beobachten, wenn das Ungelenke langsam einem Lächeln Platz macht.
Wenn ich Schnee sehe denke ich daran, wie ich mal mein Portemonnaie im Wald verloren haben. Denn das Portemonnaie und sein Schicksal waren besonders.
Der Mann umklammert seinen Kaffee und setzt sich an den Tisch neben uns. Er sieht krank aus. Aber er hat keinen anderen Ort, an den er gehen könnte.
Das Paar im Zug hatte nicht den gleichen Humor. Aber das machte nichts. Es reichte, dass sie lachte und er sie für ihr Lachen liebte.
Die Frau redete auf die Apothekerin ein, um ihren Frust los zu werden. Die Apothekerin blieb ruhig und bestimmt. Es war ein erster Schritt zur Heilung.
Ich war in einem Waffle House in North Carolina, um das Land und die Leute vor Ort kennen zu lernen. Ich wurde reich beschenkt.
Ein Mensch bittet in einer vollen Bahn um ein bisschen Geld, und alle schauen weg. Aber es geht auch anders, in einer Kneipe in Hamburg-St. Pauli.
Ich willigte ein, dem mir kaum bekannten jungen Mann die Stadt zu zeigen. Und entdeckte sie durch seine Augen neu.
Mit dem Mann nachts in der S-Bahn stimmte etwas nicht. Er lief herum und streckte den Leuten seine leeren Hände entgegen. Und dann schrie ein Mädchen.
Es ist schwierig, ein von fremden Leuten geschmiertes Brot anzunehmen – vielleicht, weil es so etwas Persönliches ist.
Wenn Krähen in der Brutzeit ihr Spiegelbild sehen, begreifen sie sich als Rivalen und hacken auf sich selbst ein. Uns Menschen geht es oft ähnlich.
Spät nachts komme ich in Berlin an und brauche ein Bett, weil kein Anschlusszug mehr geht. Alle Hotels sind voll. Mir hilft, das Gefühl rauszulassen.
"Ich bin nicht rechts, aber..." sagte der Mann in der Kneipe. Ich habe mit ihm geredet, um im Gespräch zu bleiben. Danach fühlte ich mich verraucht.
Die Zeit ist vorbei, in der sich jede*r sein Stück vom Kuchen zur individuellen Verwendung abgeschnitten hat. Wir müssen überdenken, was wir tun.
Wir alle lauschen in die Welt hinein. Das gehört zum Leben dazu, auch wenn wir dadurch Dinge erfahren, die nicht für uns bestimmt sind.
Im Regionalzug traf ich eine Zugbegleiterin, die allein reisenden Frauen kostenlos einen Platz in der ersten Klasse anbot. Was für ein netter Mensch.
Der ukrainische Junge stand in einem Elektronik-Laden und hörte sein Lied beim Boxen-Test. Es war der Beginn einer fast wortlosen Begegnung.
In Tarn und mit Schild sind die Soldaten beides gleichzeitig – uniformiert und individuell. Was denken sie wohl über die aktuelle politische Situation?
Ukrainerinnen aus drei Generationen sind zu Beginn des Krieges nach Deutschland geflohen. Viele Menschen haben ihnen beim Ankommen geholfen.
Ich freute mich auf's Kochen, ging einkaufen und kam zurück mit einem Korb voller gut gemeinter Ratschläge. Da kippte die Stimmung.
Manche Menschen suchen unaufhörlich nach Austausch. Das kann nerven. Es kann aber auch der Beginn einer Verwandlung sein.
Nach einer langen, weiten Reise nehme ich meine Stadt anders wahr, intensiver. Ich hoffe und fürchte gleichzeitig, dass das wieder aufhört.
Im ICE sind mir plötzlich Bandmitglieder von Tocotronic über den Weg gelaufen. Ihre Musik hat mich ein ein halbes Leben lang begleitet.
Am schönsten sind Menschen oft in ihren Pausen. Da sind sie in sich versunken und tragen ein Geheimnis in sich.
Manche Menschen sind nur kurze Wegbegleiter und hinterlassen doch einen Eindruck. Mir ging es so mit dem Reporter von der Lokalzeitung.
Das dreijährige Mädchen wollte eine Schnecke mit Haus als Haustier. In der feuchten Wiese fanden wir keine. Aber dann geschah etwas Märchenhaftes.
Die Dinge, die wir im Alltag mit uns herumtragen, wirken sich unmittelbar auf unsere Stimmung aus. Vor allem, wenn es sich um besondere Dinge handelt.
In den Corona-Jahren haben wir viel über Sicherheitsabstand und Distanz gesprochen. Weniger ein Thema ist jedoch, wie wir Nähe jetzt wieder lernen.
Von einer freundlichen Artzhelferin, die sich unbürokratisch kümmerte. Um das Haftungsrisiko hat sie sich nicht geschert.
Erst dachte ich, das zehnjährige Mädchen auf dem Tretroller wäre ein gutes Beispiel für Selbstständigkeit. Dann begriff ich ihre Not.
Am Rand des Spielplatzes waren zwei Gummiflächen in den Boden eingelassen. Erst sprang dort ein kleiner Junge. Dann kam der Mann, der alles änderte.
In einem Park an der Elbe entdeckte ich einen Baumstumpf, in dem jemand eine Geschichte zurück gelassen hatte. Es gibt viele Orte dieser Art.