taz.de -- Machtkampf in München: Bayern-SPD plötzlich voller Hoffnung

Der populäre Münchener SPD-Oberbürgermeister Ude erwägt, gegen den bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Seehofer anzutreten. Die Genossen jubeln.
Bild: Christian Ude, SPD-Oberbürgermeister von München, könnte sich vorstellen, gegen Horst Seehofer (CSU) anzutreten.

BERLIN taz | Oft wurde er gefragt, oft hat er nein gesagt. Aber jetzt kann sich der populäre Münchner Oberbürgermeister Christian Ude vorstellen, 2013 als SPD-Spitzenkandidat das Duell gegen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) aufzunehmen. Das sagte er am Rande einer Veranstaltung. Die von Niederlagen gebeutelte Bayern-SPD träumt da schon von einem Machtwechsel.

Ude hat seiner Partei jetzt gleich ein Ultimatum gestellt: Bis zum Herbst müsse die Kandidatur geklärt werden. Ursprünglich sollte das erst im Sommer 2012 passieren. Im September wollen sich die Genossen nun zusammensetzen, um sich zu beraten. Die Äußerungen ihrer Spitzenleute klingen so, als sei schon alles klar: "Die Bayern-SPD wäre stolz, mit Christian Ude an der Spitze in den Landtagswahlkampf 2013 zu ziehen", sagte etwa der Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher, selbst ein möglicher Spitzenkandidat.

Niederlage nach Niederlage

Einen Hoffnungsträger können die bayerischen Genossen gebrauchen, denn Erfolge konnten sie lange nicht feiern. Sie schafften es gar regelmäßig, schlechte Wahlergebnisse weiter zu unterbieten. Bei den vergangenen Landtags-, Bundestags- und Europawahlen waren es immer weniger als 20 Prozent. Als Begründung für ein miserables Abschneiden musste da schon mal herhalten, dass man ja der einzige SPD-Landesverband sei, der gegen eine Bundespartei antreten müsse: die CSU, die ja nur in Bayern antritt.

Bei den Christsozialen gibt man sich betont gelassen. Aber sollte Ude wirklich Spitzenkandidat werden, könnte sich das ändern. "Dann wäre ein Frontmann da, vor dem die CSU die Hosen voll hätte", glaubt der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Ewald Schurer.

Knapp 70.000 Mitglieder hat die Bayern-SPD; in den großen Städten hat sie viele Anhänger. Auch in Nürnberg stellt sie den Oberbürgermeister. Ude ist einer der beliebtesten Politiker Bayerns. Das ist gerade für die Bayern-SPD ein enormes Pfund, trat sie doch in der Vergangenheit auch schon mal mit einem Kandidaten an, den zwei Drittel der Wähler gar nicht kannten.

Noch kann keiner wissen, ob Ude seine Popularität auch auf dem Land in Wählerstimmen umwandeln könnte. Oft schadet es einem Politiker auch, wenn sein Name zu früh gehandelt wird. Spekuliert hier nur einer der Genossen darauf, dass die frühe Kandidatendebatte Ude den Erfolg kostet? Daran glaubt SPD-Landesvize Schurer nach eigenem Bekunden nicht. Überhaupt halte er es für ausgeschlossen, dass man einen Kandidaten wie Ude überhaupt verbrennen kann. "Einen Fehl- oder Frühstart halte ich bei ihm für ausgeschlossen", sagte Schurer der taz. "Dafür ist er einfach zu populär."

10 Aug 2011

AUTOREN

Sebastian Erb

ARTIKEL ZUM THEMA

SPD in Bayern: Im Bierzelt tut sich was

Die SPD in Bayern träumt beim Gillamoos-Volksfest vom Wechsel der Regierung. Klingt kühn - aber die Partei hat erstmals seit Jahren sogar gute Chancen.

Porträt Christian Ude: Wahlkampf statt Ruhestand

Münchens OB Christian Ude könnte für die SPD Ministerpräsident Seehofer herausfordern. Dann stünde sein Nimbus der Unbesiegbarkeit auf dem Spiel.

Kommentar Bayerns SPD: Mehr Herrscher als Politiker

Christian Ude gilt in München vielen als arroganter Schnösel. An der Spitze der maroden Bayern-SPD könnte seine Pose kontraproduktiv sein.

Abstimmungspanne in Bayern: Koalitionskrach um Mülltonnen

Die bayerische SPD brachte im Landtag überraschend einen Antrag über die Müllentsorgung durch. Der Grund: CSU und FDP hatten sich nicht richtig abgesprochen.

SPD in Bayern: Hoffnung ohne Machtoption

Mit Markus Rinderspacher hat die bayerische Landtags-SPD ihren jüngsten Abgeordneten zum Fraktionschef gemacht. Er warnt: Der SPD-Absturz ist noch nicht vorbei.

Schwarz-Grüne Koalition: Nur die CSU bremst

Führende Christdemokraten haben keine Einwände, wenn Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust mit der Partei paktiert, die vielen in der Union früher als Ökospinnertruppe galt.