taz.de -- Klage gegen Schneller-Bauen-Gesetz: Eine Frage der Verfassung

Linke und Grüne klagen gegen das Schneller-Bauen-Gesetz. Der Senat verschaffe sich damit zu große Möglichkeiten, die Bezirke zu entmachten.
Bild: Wenn sich Kräne drehen, will der Senat mitreden

Die Fraktionen von Linken und Grünen im Abgeordnetenhaus ziehen zum Landesverfassungsgericht, um einen Passus im [1][Schneller-Bauen-Gesetz] des Senats in einem Normenkontrollverfahren überprüfen zu lassen. Das kündigten die Fraktionsvorsitzenden Werner Graf (Grüne) und Tobias Schulze (Linke) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag an und stützten sich dabei auf ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten. Im Kern geht es um das in dem Gesetz festgeschriebene Recht des Senats, Wohnungsbauvorhaben in den Bezirken bereits ab einer Größenordnung von 50 Wohnungen an sich zu ziehen.

„Wir halten das für falsch und zu kleinteilig“, heißt es von Werner Graf. Stattdessen solle sich das Land „um die großen Fragen kümmern, die im Gesamtinteresse Berlins sind“. Die Bezirke hingegen sollen „in ihrem Spektrum agieren können“. Schulze sagt: „Die Willkür, Dinge an sich zu ziehen, wenn man das Gefühl hat, die Bezirke machen es nicht so, wie man selbst möchte, muss beendet werden.“ Die Verfassung müsse so ausgelegt werden, „das eine bessere Verwaltung herauskommt, nicht eine schlechtere“. Unklare Zuständigkeiten dagegen führten zum bekannten „Pingpong“, bei dem am Ende niemand zuständig sei, so Schulze.

Im Ende vergangenen Jahres in Kraft getretenen Schneller-Bauen-Gesetz ist geregelt, dass Bauvorhaben mit 50 Wohnungen grundsätzlich als städtisches Gesamtinteresse gelten. Diese Definition erlaubt der Landesregierung, Bauvorhaben ohne Begründung an sich zu ziehen und die Bezirke damit zu entmachten. Die Oppositionsparteien halten dem entgegen, dass laut Verfassung ein Eingriffsrecht der Landesebene nur bestehen dürfe, wenn ein „erhebliches Gesamtinteresse“ Berlins betroffen sei. Dies sei bei einer derart geringen Anzahl von Wohnungen nicht der Fall.

Vom Gericht erhoffe man sich daher eine „Grenzziehung“. Laut Werner Graf könnte eine neue Schwelle bei einer Anzahl von 200 Wohnungen liegen. Entscheidend sei zudem, das auch begründet werde, warum der Senat die Landeskompetenz geltend macht.

Geabler gibt sich gelassen

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) begründete die Grenze von 50 Wohnungen mit dem kooperativen Baulandmodell, bei dem Bauherren eben ab dieser Größe auch einen Anteil an Sozialwohnungen errichten müssen. Gaebler sagte: „Ich bin guten Mutes, dass das Verfassungsgericht nach einer eingehenden Prüfung sagt, dass das Gesetz verhältnismäßig ist und sich aus nachvollziehbaren Kriterien ableitet.“ Zugleich kritisierte er, dass einige Bezirke „sich aus schlicht nicht nachvollziehbaren Gründen Wohnungsneubau verweigern“.

Immer wieder hatte der Senat zuletzt – meist größere – Bauvorhaben aus den Bezirken an sich gezogen, etwa das Projekt [2][„Urbane Mitte“ am Gleisdreickpark] oder ein Neubauvorhaben am Standort des Emmauswalds in Neukölln. [3][Kritik an der noch einfacheren Entmachtung der Bezirke durch das Schneller-Bauen-Gesetz begleitete den Gesetzgebungsprozess von Anfang an]. Doch nicht nur das: Auch Natur- und Denkmalschutzbehörden können für das Ziel, schneller zu mehr Neubau zu gelangen und dafür Planungsverfahren zu beschleunigen, leichter als bislang überstimmt werden.

11 Nov 2025

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[1] /Senat-beschliesst-Gesetz-zum-Wohnungsbau/!6028375
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[3] /Wohnungspolitik-in-Berlin/!6011844

AUTOREN

Erik Peter

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