taz.de -- Zugunglück in Baden-Württemberg: Auslöser war wohl Erdrutsch nach Starkregen
Starkregen hat den Unfall in Baden-Württemberg verursacht, vermutet die Polizei. Die Bahn sieht sich zunehmend Extremwetterereignissen ausgesetzt.
Berlin taz | Das Zugunglück in der Nähe des baden-württembergischen Riedlingen wurde vermutlich durch einen Erdrutsch verursacht. Davon gehen Polizei und Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen derzeit aus, wie sie am Montagvormittag mitteilten.
Demnach habe Starkregen einen Abwasserschacht zum Überlaufen gebracht. Dadurch sei der Erdrutsch ausgelöst worden, über den der Zug am Sonntagabend gefahren und dann einige Meter weiter entgleist sei.
Bei dem Unglück auf der Strecke zwischen Sigmaringen und Ulm kamen laut Polizeiangaben drei Menschen ums Leben, mindestens 41 weitere wurden verletzt, davon einige schwer.
Moderatorin Laura Di Salvo sagte dem SWR, in den drei Tagen vor dem Unglück sei in der Region so viel Regen gefallen wie normalerweise in zwei ganzen Juli-Wochen. Bei Starkregen würden die oberen Bodenschichten sehr nass und dadurch sehr schwer, die unteren Bodenschichten dagegen blieben hart und bildeten so „die ideale Rutschbahn für Geröll und Matsch“. So könne das Erdreich der oberen Schicht abrutschen.
Bahn ist sich der Gefahr durch Extremwetter bewusst
Starkregen wird durch die Erderhitzung häufiger und heftiger. Welchen Einfluss der Klimawandel auf einzelne Starkregenereignisse hatte, können Wissenschaftler*innen aber erst nach wochen- bis monatelanger Modellierungsarbeit feststellen, [1][wie es die Forschungsgruppe World Weather Attribution zum Beispiel für die Flutkatastrophe im Ahrtal getan hat].
Die Deutsche Bahn hatte schon 2021 in einer Studie mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK festgestellt, [2][dass ihre Infrastruktur zunehmend durch den Klimawandel gefährdet wird]. „Die Folgen des Klimawandels sind für uns schon jetzt spürbar: Heißere Sommer, mildere Winter und flutartige Regenfälle machen vor allem der Schieneninfrastruktur zu schaffen“, schrieb sie.
Für den Südwesten Deutschlands errechneten die Studienautor*innen damals einen leichten Anstieg der Starkregentage [3][in Folge des Klimawandels].
„Die Gefahren verändern sich, also müssen wir auch ändern, wie wir Schieneninfrastruktur errichten und zum Beispiel Böschungen sichern“, sagte Lasse Hansen der taz. Hansen ist Ingenieur beim Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure.
Nach einer Überschwemmung oder einem Erdrutsch sei eine Reparatur häufig so teuer wie der ursprüngliche Neubau, sagte er. Es könnten aber nicht alle Strecken gleichzeitig angepasst werden. Vorrang sollten besonders risikoreiche Abschnitte haben, weil die Kosten für solche Projekte hoch seien.
Gräser und Bäume können gegen Erdrutsche helfen
Forscher*innen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen schlagen in einer Studie vor, Böschungen abzuflachen und Gräser und Bäume zu pflanzen, die durch ihre Wurzeln das Erdrutschrisiko verringern könnten.
Demnach seien die meisten Abflusssysteme an Bahnstrecken zwar auch für Starkregen theoretisch ausreichend leistungsfähig. Aber durch Bewuchs oder Verunreinigungen könne die Kapazität der Abflüsse stark abnehmen.
Neben Starkregen stellt auch die durch den Klimawandel zunehmende Hitze ein Problem für die Schienen dar. Weil die Gleise durchgehend verschweißt sind, können sie sich bei steigenden Temperaturen nicht nach vorne und hinten ausdehnen. Werden sie zu heiß, knicken sie deshalb nach außen und können so Entgleisungen auslösen.
Zwar können Gleise so produziert werden, dass sie höhere Temperaturen aushalten, dann brechen sie allerdings schneller aufgrund von Kälte. Die Forscher*innen der RWTH schlagen deshalb zum Beispiel vor, die Schienen weiß anzustreichen, damit sie sich weniger schnell aufheizen.
28 Jul 2025
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