taz.de -- Argentiniens verurteilte Ex-Präsidentin: Zehntausende demonstrieren für Kirchner

Die verurteilte Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner spricht bei Antritt ihrer Haftstrafe im Hausarrest zu ihren Unterstützern.
Bild: Eine Kirchner-Anhängerin hält bei der Kundgebung ein Tuch hoch mit dem Bild der Ex-Präsidentin samt Aufschrift „Wir kommen zurück“

Buenos Aires ap | Argentiniens Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat einen wirtschaftlichen Scherbenhaufen hinterlassen. Doch die Peronistin beweist einmal mehr, dass sie das linke politische Spektrum dominiert – selbst im Hausarrest. Die wegen Korruption verurteilte Ex-Präsidentin hat am Mittwoch ihre Haftstrafe im Hausarrest mit einer politischen Großkundgebung angetreten.

„Wir werden zurückkehren, und zwar mit mehr Weisheit, mit mehr Einheit und mit mehr Kraft“, sagte die 72-Jährige in einer Rede, die aus dem Hausarrest aufgezeichnet und am Mittwoch über Lautsprecher in die Straßen von Buenos Aires übertragen wurde. Dort hatten sich zehntausende Anhänger versammelt. Die Menge zündete Fackeln an und rief: „Wir werden zurückkehren.“

Fernández war 2022 schuldig gesprochen worden, während ihrer Amtszeit von 2007 bis 2015 millionenschwere Aufträge für öffentliche Bauprojekte an einen befreundeten Unternehmer vergeben zu haben. Sie bestreitet die Vorwürfe und legte Berufung ein.

[1][Das Oberste Gericht bestätigte ihre sechsjährige Haftstrafe letzte Woche.] Neben der Haftstrafe wurde ihr lebenslang untersagt, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Mit Rücksicht auf ihr Alter und Sicherheitsaspekte darf Fernández die Strafe im Hausarrest verbüßen.

Kirchner inszeniert sich als Opfer

Sie selbst bezeichnete sich als Opfer einer von ihren Gegnern instrumentalisierten Justiz. „Die wirklichen Wirtschaftsmächte wissen, dass dieses Modell keine Zukunft hat; sie wissen, dass es zusammenbricht, und deshalb sitze ich im Gefängnis“, sagte sie in ihrer Rede in ihrer Wohnung im Süden der argentinischen Hauptstadt.

Fernández ist seit mehr als zwei Jahrzehnten eine dominierende Figur in der argentischen Politik und noch heute das Gesicht der Opposition gegen den radikal-libertären Präsidenten Javier Milei. Während ihrer Amtszeit weitete sie die Sozialleistungen und die öffentliche Beschäftigung aus, was Argentinien hohe Inflation und ein großes Staatsdefizit bescherte. Dies trug zum Wahlsieg des politischen Außenseiters Milei vor zwei Jahren bei.

Umfragen zeigen, dass Fernández und ihr national-populistischer Linksperonismus weiterhin von rund 30 Prozent der Bevölkerung unterstützt werden. „Wir sind alle hier, um für Cristinas Freiheit zu kämpfen. Wenn sie sie weiter einschränken, werden wir mehr tun“, sagte die Rentnerin Gloria Araya während der Kundgebung.

Milei ist es mit seinem radikalen Sparkurs gelungen, die Inflation zum ersten Mal seit fünf Jahren auf unter zwei Prozent zu drücken, wie das Statistikamt in der vergangenen Woche mitteilte. Doch profitieren nur wenige von den stabilen Preisen, weil die Lebenshaltungskosten hoch und die Löhne vergleichsweise niedrig sind. Auch lassen Investitionen weiter auf sich warten.

Analysten halten es für möglich, dass Fernández mit ihrem Vorwurf, sie werde politisch verfolgt, den Zorn über die wirtschaftlichen Probleme noch verstärken und so die Opposition gegen Milei mobilisieren könnte. „Wenn die Opposition die Behauptung, dass es in ihrem Prozess eine gewisse Ungerechtigkeit gab, mit der Sorge um Einkommen und Kaufkraft verbinden kann, hat sie ein Programm“, sagte der Politikwissenschaftler Sebastián Mazzuca.

19 Jun 2025

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