taz.de -- berliner szenen: Umziehen Berlin-Ghettostyle

Ich wollte ja umziehen und fast wäre es mir auch gelungen, ich war zumindest schon so weit wie nie, aber das ist eine andere Geschichte. Eine aus anderthalb Jahren Wohnungssuche in Berlin.

Als ich aber noch fest davon überzeugt war, dass ich diesmal wirklich umziehe und mein ganzes dingliches Leben in 30 Kisten, 4 Ikeataschen, 2 Rucksäcke und 3 mittelgroße Koffer packte, fragte mich L. eines sonnigen Abends auf den Treppen vor dem Bodemuseum, ob ich einen Transporter gemietet hätte oder ob ich so Berlin-Ghettostyle umziehe.

„Wie geht denn umziehen im Berlin-Ghettostyle?“, fragte ich interessiert. „Na, mit den Öffis. Ich hab neulich in Köpenick auch einen Haufen Holzlatten im Bus transportiert. Konnte kein Auto mieten, weil ich es noch nicht geschafft habe, meinen Führerschein umschreiben zu lassen. Also alles rein in den Bus.“ Er zückt sein Handy und zeigt mir Fotos von der Aktion. Man sieht ihn im Bus stehen mit wirklich viel Holz, das mit Gurten zusammengeschnürt ist.

Ich lache auf: „Und was hat der Busfahrer gesagt?“ „Meganett war der, hat mir sogar noch geholfen, indem er den Bus abgesenkt hat, damit ich besser reinkomme. Der kannte das bestimmt schon, da an der Haltestelle ist ja direkt der Großhandel.“

Tatsächlich fielen mir nun zwei Männer ein, die vor kurzem in der S1 eine Wickelkommode mit einem ausladenden Aufsatz transportiert haben. Die beiden entschuldigten sich, quetschten sich zwischen die Menschen und beschlossen, das Bett besser morgen zu holen. Und vor etwas längerer Zeit habe ich zwei mit einem Ohrensessel und einen Mann mit ziemlich vielen Zimmerpflanzen in der U-Bahn gesehen.

L. winkt ab: „Ich habe mit C. schon eine ganze Wohnzimmergarnitur von Karlshorst nach Friedrichshain transportiert. BVG – dein Freund und Helfer.“ Isobel Markus

30 May 2025

AUTOREN

isobel markus

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