taz.de -- Parlamentswahlen in Albanien: Sunnyboy mit EU-Ambitionen

Edi Rama wünscht sich für sein Land die EU-Mitgliedschaft. Die Wirtschaft Albaniens wächst – auf Kosten der Natur.
Bild: Im Visier: Amerikanische Investoren, wie Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, haben Albanien für sich entdeckt

Edi Rama sticht bei den internationalen Konferenzen als sympathischer und witziger Politiker hervor. Der Ruf des Albaners, ein Künstler zu sein, hat immer noch Wirkung – sogar bei den internationalen Journalisten. Schon im Steinzeit-Kommunismus des [1][Enver Hoxha] war Edi Rama Sunnyboy der Nomenklatura, Sohn des Erbauers unzähliger Denkmäler und Monumente, dem es erlaubt wurde, in Paris zu studieren.

Man könnte meinen, Albanien habe in ihm einen weltgewandten politischen Vertreter gefunden, der tatsächlich in der Lage ist, das Land nach Europa zu führen. Die Statistik spricht für ihn. Zuwachsraten von um die 4 Prozent können sich im europäischen Spektrum sehen lassen. Albanien durchlebt einen Wirtschaftsboom, den es vor allem dem Bausektor verdankt. Allerdings sind das großteils rüde kapitalistisch zerstörerische Investitionen, die ohne Rücksicht auf die einstmals herrliche Natur und historisch wertvollen Stadtkerne durchgesetzt werden.

Die [2][makellosen Strände], die Olivenhaine, die Flüsse und Naturreservate Albaniens werden angenagt und zerfressen, die Städte zubetoniert. Das Parlament will sogar Naturreservate für den Bau von Hotels freigeben. Investoren aus der Türkei, den Emiraten, aus Europa und den USA stehen schon bereit.

Das Land steht ihnen offen. Ein Großteil der Bevölkerung will an dem Tourismusboom teilhaben. Selbst dann, wenn die Mafia dafür sorgt, dass Grundstücke schnell und billig von ihren Eigentümern abgegeben werden müssen, um sie anschließend wieder teuer an Investoren zu verkaufen. Das System dafür wurde diese Woche wieder gewählt. Wem das stinkt, der kann ja, wie Hunderttausende vor ihm, ins Ausland gehen.

Auch Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hat Albanien für sich entdeckt. Er will an der albanischen Küste Luxusresorts bauen. Ist Edi Rama tatsächlich in der Lage, dem Einhalt zu gebieten? Der ehemalige Sunnyboy der kommunistischen Nomenklatura wird sich hüten, bei Trump anzuecken. Aber er wird weiter versuchen, [3][Albanien 2030 in die EU zu bringen].

13 May 2025

LINKS

[1] /Debatte-um-albanisches-Baudenkmal/!5767487
[2] /Individualreisen-in-Albanien/!6013201
[3] /Beitritt-von-Albanien-und-Nordmazedonien/!5869186

AUTOREN

Erich Rathfelder

TAGS

Edi Rama
Albanien
Tirana
Parlamentswahlen
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Albanien
Parlamentswahlen
Kolumne Hin und weg
Albanien

ARTIKEL ZUM THEMA

Albaniens virtuelle Ministerin Diella: Kann der Chef jederzeit abschalten, daher pflegeleicht

Die albanische KI-Ministerin gegen Korruption ist nicht mehr als ein PR-Move. Wo Behörden Teil des Problems sind, wird auch die Technik korrumpiert.

Parlament in Albanien: Künstliche Intelligenz als „Ministerin“ gebilligt

Albanien hat den Weg für das erste KI-geführte Ministerium frei gemacht. Für Kritiker ist das nur Propaganda von Premier Edi Rama.

Parlamentswahlen in Albanien: Sozialist Edi Rama gewinnt Wahlen

Premierminister Edi Rama von der regierenden sozialistischen Partei hat die Parlamentswahlen in Albanien für sich entschieden. Wahlbeobachter sehen Beeinflussung.

Individualreisen in Albanien: Süchtig nach Geheimtipps

Albanien ist seit vielen Jahren ein Reise-Geheimtipp. Auch, weil dort kein Massentourismus herrscht. Woher kommt die Sehnsucht nach Authentizität?

Frauen in der albanischen Regierung: Ein Patriarch macht auf Feminist

Albanien hat jetzt das weiblichste Kabinett der Welt: 12 von 17 Minister:innen sind Frauen. Doch die Lebensrealität vieler Frauen im Land ist düster.