taz.de -- Weniger Platz im Weltraum: Warum Klimaschutz sogar Satelliten hilft

Je wärmer es auf der Erde wird, desto mehr Unfälle gibt es im All. Eine neue Studie liefert einen Erklärungsansatz.
Bild: Als ob es da oben nicht schon voll genug wäre: Eine Falcon 9-Rakete unterwegs ins All mit 23 Starlink-Satelliten an Bord

Die Hülle der Erde, ihre Atmosphäre, besteht aus einzelnen Schichten, die sich wie Zwiebelringe um einen Kern legen. Die erste ist die Troposphäre. Sie ist die dünnste – knapp doppelt so hoch wie der Mount Everest vom Meeresspiegel aus gerechnet. Dann folgt die Stratosphäre, in der sich die Ozonschicht befindet und die den Großteil jener menschengemachten Treibhausgase speichert, die unser Klima immer weiter anheizen.

Zwischen Höhenkilometer 50 und 80 kommt dann die Mesosphäre – die kälteste Zwiebelschicht unserer Erdatmosphäre mit Temperaturen von bis zu minus 100 Grad Celsius. Danach beginnt die Thermosphäre, wo die Temperaturen wieder steigen. Dort befindet sich LEO, der sogenannte „Low Earth Orbit“. Das ist die Höhe, in der viele Satelliten kreisen, beispielsweise Elon Musks Starlink-Netzwerk mit derzeit mehr als 7.000 Satelliten, aber auch die Internationale Raumstation ISS. Allerdings schweben dort auch [1][Millionen Trümmerteile Weltraumschrott] um unseren Planeten. Und diese kollidieren immer öfter miteinander – und auch mit den Gegenständen da oben, die noch gebraucht werden. Etwa den Satelliten.

Im unteren Abschnitt der Thermosphäre gibt es Bestandteile, die Reibung erzeugen, was Flugobjekte abbremst, näher in die Umlaufbahn bringt und sie schließlich abstürzen lässt. Dort verglüht unser Weltraumschrott, wenn er nicht vorher zur Gefahr für die noch intakten Satelliten geworden ist. Dass die Kollisionsgefahr im All zunimmt, liegt nicht nur daran, dass immer mehr Objekte unterwegs sind, sondern auch am Klimawandel.

Die Studie

Ein Forschungsteam des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge hat die ansteigende Konzentration von Treibhausgasen auf die Thermosphäre untersucht. [2][Das Ergebnis publizierte es in der Fachzeitschrift Nature Sustainability]. Weil Kohlendioxid die von der Erde abgestrahlte Infrarotstrahlung blockiert, heizen sich die Troposphäre, die Stratosphäre und die Mesosphäre weiter auf. Die Thermosphäre aber kühlt sich ab und schrumpft. Dadurch ändert sich auch die Dichte der unteren Thermosphäre; es gibt weniger Teilchen, die den Weltraumschrott abbremsen können und weniger verglühenden Schrott, also mehr Trümmerteile, die oben bleiben. Es wird so noch enger für eine wachsende Zahl von Satelliten. Ohne Klimaschutz würde sich „die Satelliten-Transportkapazität zwischen 200 und 1.000 Kilometer Höhe um 50 bis 66 Prozent“ verringern, schreiben die Autoren.

Was bringt’s?

Hoffentlich die Erkenntnis, dass die Erderhitzung wirklich alles auf diesem Planeten verändern wird. Und bei Elon Musk vielleicht die Einsicht, dass der [3][Kahlschlag in der US-Wissenschaft] doch keine so gute Idee war. SpaceX will in den kommenden Jahren 12.000 zusätzliche Satelliten in die Thermosphäre schicken, die Lizenz für 22.488 weitere ist beantragt.

25 Mar 2025

LINKS

[1] /Weltraumschrott/!6075080
[2] https://www.nature.com/articles/s41893-025-01512-0
[3] /Klimaforschung/!6072891

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Nick Reimer

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