taz.de -- herzensort: Ein Fest im Sattel
Die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres scheinen auf meine Wangen und Fingerspitzen. Der Fahrtwind streift durch meine Haare, ein bisschen kühl ist er noch am Hals. Es wird Frühling, und endlich sitze ich wieder auf dem knautschig-weichen Sattel meines pinken Trekkingrads. In meinem Kopf höre ich die Worte von Sänger Max Raabe: „Manchmal ist das Leben ganz schön leicht, zwei Räder und ein Lenker und das reicht.“
Ganz so bescheiden bin ich nicht. Ich habe mir letztes Jahr dank eines üppigen Geldgeschenks meines Großvaters ein wirklich teures Fahrrad gekauft. Dafür war ich bei einem Händler, wo mittels „Body-Scan“-Technologie eine Kamera 360 Grad um mich herum fuhr und meine Körperproportionen ausgemessen hat. Um den ergonomisch perfekten Sattel zu finden, saß ich dann auf einem Hocker mit eingebauter Kamera. Von unten schoss sie Fotos vom Abstand meiner Sitzbeinhöcker und der Neigung meines Rückens.
Jetzt habe ich nicht nur den perfekten Sattel, sondern weiß auch, dass ich zu sehr rechtslastig sitze. Liegt wohl daran, dass ich links entspannter bin. Marietta Meier
22 Mar 2025