taz.de -- US-Waffenhilfe für die Ukraine: Wir sind dann mal raus

US-Präsident Donald Trump hat mit sofortiger Wirkung die Waffenhilfe für die Ukraine gestoppt. Auch Satelliten-Aufklärungsdaten könnten bald fehlen.
Bild: Ziemlicher Schlammassel: Wenn die Amerikaner ihre Geräte abziehen, bleiben zum Beispiel noch die deutschen Leopard-Panzer

Mit sofortiger Wirkung hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump die Militärhilfe an die Ukraine ausgesetzt. Der Stopp gelte solange, bis Trump der Meinung sei, dass die Ukraine ausreichend guten Willen gezeigt habe, sich mit Russland zu Friedensverhandlungen zusammenzusetzen.

Für die Ukraine ist die Aussetzung der US-Militärhilfe ein schwerer Schlag. Laut Medienberichten betrifft der Stopp sowohl die Hilfe im Rahmen langfristiger Verträge, die noch während der Amtszeit von Joe Biden unterzeichnet wurden, als auch Waffen, die sich bereits auf dem Weg in die Ukraine befinden – in Flugzeugen und Verkehrsknotenpunkten in Polen.

Für die Streitkräfte der Ukraine bedeutet dies, das der Raketennachschub für die Luftabwehrsysteme Patriot und Nasams ausbleibt. Ebenso wird die Munition für Himars, 155-Millimeter-Artilleriegeschosse, und tragbare Panzerabwehrsysteme Javelin fehlen. Auch das tragbare Flugabwehrraketensystem Stinger wird fehlen.

Während ein Teil dieser Waffen ausschließlich auf dem Schlachtfeld zum Einsatz kommt, bedeutet das Fehlen von Raketen für die amerikanischen Luftabwehrsysteme – die sich bei russischen Raketenangriffen als äußerst effektiv erwiesen haben –, dass der Himmel über den großen ukrainischen Städten ungeschützt bleibt.

Offensivoperationen dann nahezu unmöglich

Das Fehlen der US-Waffen auf dem Schlachtfeld macht es den ukrainischen Streitkräften nahezu unmöglich, Offensivoperationen durchzuführen. Allerdings führte eine sechsmonatige Aussetzung der US-Waffenlieferungen im Jahr 2023 zu einer rasanten Entwicklung der ukrainischen Aufklärungs- und Kampfdrohnen. „Mehr als 80 Prozent der direkten Treffer auf dem Schlachtfeld [1][werden heute mit Drohnen erzielt]“, sagt der ukrainische Soldat Lewko Stek. „In deren Produktion ist die Ukraine nicht von den USA abhängig. Ich denke nicht, dass wir ohne die US-Hilfe leicht klarkommen werden. Aber Drohnen geben Hoffnung, dass wir Zeit gewinnen, um eine Lösung zu finden.“

Zunächst unklar blieb, ob auch die Bereitstellung von US-generierten Satelliten-Aufklärungsdaten und die Nutzung des Starlink-Kommunikationssystems von dem Waffen-Stopp betroffen sind. Ohne die Daten aus den USA weiß die Ukraine wenig über russische Truppenbewegungen, und ohne Starlink gerät die zivile, vor allem aber die militärische Kommunikation der Ukraine in Schwierigkeiten.

Starlink gehört allerdings ausgerechnet Elon Musk, und der milliardenschwere US-Tech-Unternehmer und enge Trump-Mitstreiter hat in den vergangenen Tagen auf seiner Plattform X massiv gegen den ukrainischen Präsidenten polemisiert: Selenskyj solle sich besser ein neutrales Exil suchen und den Weg freimachen, damit die Ukraine zur Demokratie zurückkehren könne, schrieb Musk. Schwer vorstellbar, dass er den Starlink-Dienst freiwillig aufrecht erhält, wenn die bislang vom US-Militär dafür geleisteten Zahlungen wegfallen sollten.

In Moskau wurde die Entscheidung Trumps wie zu erwarten mit Freude aufgenommen. „Die Details bleiben abzuwarten, aber wenn es wahr ist, ist es eine Entscheidung, die tatsächlich das Kyjiwer Regime in Richtung eines Friedensprozesses bewegen kann“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Es scheint, als sei das Wort „Friedensprozess“ sowohl in Washington als auch in Moskau inzwischen zum zynischen Synonym für eine ukrainische Niederlage geworden.

Das Aussetzen der Militärhilfe war [2][nach dem Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten] in Washington in der vergangenen Woche befürchtet worden. Die gesamte Propagandamaschine der Trump-Anhänger denunziert seither den ukrainischen Präsidenten als undankbaren Kriegstreiber.

Eigentlich müsste die Verfügung der Regierung in den USA rechtliche Fragen aufwerfen: Die Mittel sind vom Kongress bewilligt worden, und was das Parlament beschließt, muss die Regierung eigentlich ausführen. Allerdings hat sich Trump in seinen ersten Wochen im Amt um solche Feinheiten nicht geschert, auch bei der fast vollständigen Streichung des Entwicklungshilfeprogramms USAID nicht. Und selbst wo Gerichte per einstweilige Anordnung Trump in die Parade fuhren, hat er deren Entscheidung mitunter schlicht ignoriert. Insofern ist nicht zu erwarten, dass eine eventuelle Klage der Demokraten der Ukraine Erleichterung bescheren könnte.

4 Mar 2025

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AUTOREN

Bernd Pickert
Anastasia Magasowa

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