taz.de -- Bidens letzte Begnadigungen: Schutz vor Trumps Rache
In letzter Minute begnadigt der scheidende US-Präsident Joe Biden Kritiker*innen von Trump – obwohl und weil sie sich nichts haben zu Schulden kommen lassen.
Berlin taz | Nur Stunden vor der Amtseinführung seines Nachfolgers hat Gerade-noch-US-Präsident Joe Biden am Montag eine ganze Reihe von Begnadigungen ausgesprochen. Das Besondere: Die Menschen, denen er diese Gnade gewährt, sind gar nicht verurteilt. Sie sind bislang nicht einmal angeklagt – waren aber in den letzten Monaten immer wieder Gegenstand von Drohungen Donald Trumps, sie gehörten hinter Gitter.
Die drei prominentesten Namen auf Bidens Begnadigungsliste sind Anthony S. Fauci, der Mediziner, der während der Coronapandemie sowohl zunächst Trump als auch ab 2021 Joe Biden beriet. Er ist für große Teile der wütenden Maga-Bewegung etwa so eine Hassfigur, wie der Virologe Christian Drosten es in Deutschland war. Mehrfach war er seinerzeit auch öffentlich mit Trump aneinandergeraten und hatte Falschinformationen des Präsidenten öffentlich korrigiert.
Weiterer Name ist der frühere Generalstabschef Mark A. Milley, heute 66 Jahre alt. Er hatte Trump vor nicht allzu langer Zeit als „Faschisten bis ins Mark“ bezeichnet.
Und schließlich begnadigt Biden auch alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses zu Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 sowie ihre Mitarbeiter*innen und alle Zeug*innen. Bekanntester Name hier ist die inzwischen aus dem Repräsentantenhaus ausgeschiedene Republikanerin Liz Cheney, eine der wenigen erklärten Trump-Gegner*innen aus den republikanischen Reihen. Trump hatte mehrfach erklärt, die Verantwortlichen für diese „politisch motivierte Hexenjagd“ gegen ihn gehörten eingesperrt.
Kein Eingeständnis einer Verfehlung
In einer länglichen [1][Erklärung auf der Webseite des Weißen Hauses] begründete Biden diesen ungewöhnlichen Schritt. Er glaube zwar an die Stärke der Justiz. Aber es seien besondere Umstände und er könne „nicht guten Gewissens nichts tun“. Keinesfalls seien seine Begnadigungen als Eingeständnis irgendeiner Verfehlung der Betroffenen zu werten, sie stünden ja vielmehr gerade deshalb im Visier Trumps, weil sie das Richtige getan hätten.
Fauci bedankte sich bei Biden. „Ich habe kein Verbrechen begangen und es gibt keine Grundlage für eine Anklage oder Strafverfolgung gegen mich“, sagte Fauci. Aber ein womöglich von Trump angestrengtes Verfahren hätte für seine Familie unermesslichen Stress bedeutet, so Fauci.
Auch der frühere Kapitolpolizist Harry Dunn, der vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt hatte, bedankte sich bei Biden. Leider habe das derzeitige politische Klima solche vorsorgenden Begnadigungen notwendig gemacht.
20 Jan 2025
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der indigene Aktivist Leonard Peltier verlässt nach 50 Jahren das Gefängnis. Biden hatte Peltiers lebenslange Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt.
US-Präsident Biden hatte Kuba von der US-Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten streichen lassen. Freigelassen wurden nun auch kubanische Oppositionelle.
Der scheidende US-Präsident Biden hat eine Rede gegen die Superreichen der Tech-Industrie gehalten. Doch seine Demokraten haben zu deren Allmacht beigetragen.
In seiner letzten Rede als US-Präsident prangert Biden die gefährliche Machtkonzentration einiger Superreicher an. Die Demokratie sei akut bedroht.