taz.de -- herzensort: Mal wieder auf Schlittschuhen
Zugegeben, die Kindheitserinnerungen sind andere. Mit Schlittschuhen über den gefrorenen See gleiten, die Dämmerung taucht alles in bläuliches Licht. Dieses Kribbeln im Bauch, wenn man alleine weit hinaus fährt. Dann plötzlich ein übernatürlicher Klang, wie von einem Synthesizer. Der See ist starr und doch in Bewegung. Wenn das Eis schwingt, erzeugt es seltsame Töne. Unwirkliche Wirklichkeit.
Wie diesseitig ist es dagegen, in der Schlange vor dem Eisstadion in Berlin-Wilmersdorf zu stehen. Man plaudert, trifft Bekannte, isst Kuchen aus der Plastikbox. Von der Eislaufbahn schallt Popmusik herüber, der Soundtrack für all jene, die es nach drinnen geschafft haben. Es dauert fast eine Stunde, bis auch wir dazu zählen.
Aber das Warten lohnt sich. Anfangs gleiten wir noch starr und unbeholfen über das Eis. Mit jeder Runde werden wir sicherer, vertrauen den eigenen Bewegungen wieder, umkurven die vorsichtigeren Eisläufer*innen und werden von den geschickteren überholt. Obwohl es so kalt ist, wird uns warm. Und dann, nach ein paar weiteren Schwüngen, ist es wieder da, das Kribbeln. Antje Lang-Lendorff
18 Jan 2025