taz.de -- Neue Realityserie „Golden Bachelor“: Jung geblieben
In der ersten deutschen Staffel „Golden Bachelor“ suchen reifere Singles nach der Liebe. Fremdscham darf dabei nicht fehlen.
Ob Videospiele, Alben oder Serien – „Gold-Editions“ wecken beim Publikum stets hohe Erwartungen. Auch RTL folgt diesem Prinzip und verleiht dem altbekannten „Bachelor“-Format mit der ersten deutschen Staffel „Golden Bachelor“ eine neue Dimension: Statt junger Menschen stehen nun reifere Singles im Mittelpunkt – mit Geschichten, die berühren, und einer Authentizität, die das Genre lange nicht mehr gesehen hat. Wer glaubt, Dating sei nur etwas für Mittzwanziger, wird hier eines Besseren belehrt.
Im Fokus steht Bachelor Franz Stärk, der Anfang 70 ist und mit einer bemerkenswerten Souveränität durch die Sendung führt. Ihm gegenüber stehen Frauen, die – ähnlich wie er – ein bewegtes Leben hinter sich haben. Die Kandidatinnen teilen Schicksale wie Trennungen, den Verlust eines Partners oder sogar den Schmerz über den Tod eines Kindes.
Besonders ein Moment bleibt im Gedächtnis: Eine Teilnehmerin vertraut Franz an, ihren Sohn verloren zu haben, und schildert, wie sie damals bereit gewesen wäre, an seiner Stelle zu sterben. Solche Szenen zeigen, dass es hier nicht nur um romantische Gefühle geht, sondern auch um Verständnis – eine seltene Tiefe für Reality-TV. Auch der Zusammenhalt unter den Teilnehmerinnen hebt die Staffel hervor. Sie teilen nicht nur das Singledasein im Alter, sondern auch eine echte Bereitschaft, sich auf die Erfahrung einzulassen.
[1][Natürlich bleibt das Reality-TV-typische Fremdschampotenzial nicht aus]. In einer Szene etwa erscheint eine Teilnehmerin mit grauer Perücke und inszeniert einen indirekten Appell an Franz, „hinter die Fassade zu blicken“. Eine andere bezeichnet ihren eigenen Sohn als „total geil“ – von der eigenen Mutter ein etwas unpassend wirkender Kommentar.
Das Besondere an der „Golden Bachelor“-Staffel ist ihr „Wholesome“-Charakter. Anders als in jüngeren „Bachelor“-Staffeln wirkt die Sendung weniger wie ein Casting für die nächste Influencer:innen-Karriere und mehr wie eine echte Suche nach Verbindung – und das in einer Zeit, in der Reality-TV oft auf Show und Drama reduziert wird.
12 Dec 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die ARD-Serie „Levi Strauss und der Stoff der Träume“ erzählt von der Entstehung der Jeans – und zeichnet die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Viele schauen Trash-TV nur noch begleitet auf YouTube. Reaction-Videos sind teils erfolgreicher als das Original – und manche bieten sogar feministische Analysen.
Weihnachten ist das Fest der multiplen sozialen Krisen. Manchmal hilft die Flucht in fiktive Welten: Tipps für Lieblingsepisoden von der Redaktion.
Mormon_innen und Swinger-Partys passen nicht zusammen. „The Secret Lives of Mormon Wives“ zeigt acht Frauen, die beides vereinen.
Die erste Staffel „Love is Blind: UK“ funktioniert genauso gut wie das US-Original. Der Erfolg der Reality-Serie geht weiter.