taz.de -- UN-Klimakonferenz in Baku: Argentinien zieht Delegation ab

Die argentinische Delegation auf der UN-Klimakonferenz ist aus Baku abgereist. Verantwortlich ist der neue Außenminister Argentiniens.
Bild: Leere Plätze auf der COP 29 nach Abreise der argentinischen Delegation

Buenos Aires taz | Argentinien hat seine Delegation von der UN-Klimakonferenz abgezogen. „Auf Anweisung des Auswärtigen Dienstes haben wir uns von der Konferenz zurückgezogen“, erklärte Umwelt-Staatssekretärin Ana Lamas am Mittwoch den überraschenden Abgang [1][von der laufenden Konferenz], die noch bis Ende kommender Woche in Aserbaidschan stattfindet.

„Der Rückzug der argentinischen Delegation ist eine beispiellose Entscheidung der Regierung, die einen Kurswechsel in der globalen Position des Landes zum Klimawandel bedeuten könnte“, sagte [2][Andrés Nápoli von der Fundación Ambiente y Recursos Naturales] der taz.

Die Entscheidung werde eine Isolation bedeuten, die nichts Positives bringen würde. „Argentinien hat bei den internationalen Verhandlungen über den Klimawandel kein großes Gewicht“, so der Exekutivdirektor der Umweltorganisation. Gerade deshalb solle es seinen begrenzten Handlungsspielraum nicht einfach anderen überlassen.

„Argentinien leidet direkt unter den Folgen des Klimawandels wie Dürren, Bränden und lang anhaltenden Hitzewellen, die immer häufiger und extremer auftreten“, so Nápoli. Deshalb seien Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels gerade für Argentinien so wichtig.

Abreise steht im Einklang mit den Ansichten des Präsidenten

„Es handelt sich um eine Entscheidung, die der Außenminister aufgrund einer Reform getroffen hat, die er im Außenministerium durchführen wird“, bestätigte Präsidentensprecher Manuel Adorni in Buenos Aires. Dies gebe „dem neuen Außenminister, der erst seit wenigen Tagen im Amt ist, die Möglichkeit, die Situation zu überdenken“, so der Präsidentensprecher.

Gerardo Werthein ist seit dem 31. Oktober Außenminister Argentiniens. Der 68-Jährige ist ein enger Vertrauter von Präsident Javier Milei und war bisher Botschafter in den USA. Er tritt die Nachfolge von Diana Mondino an, die von Milei entlassen wurde. Mondino hatte in der UN-Vollversammlung für die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Kuba gestimmt.

Die Abreise aus Baku steht deshalb auch ganz im Einklang mit den Ansichten des Präsidenten. Milei bezweifelt, dass der Klimawandel durch menschliche Aktivitäten verursacht wird. „Die globale Erwärmung ist eine weitere Lüge des Sozialismus“, sagte er 2021 und fügte während des letztjährigen Präsidentschaftswahlkampfes hinzu. „Wir werden uns nicht an die Agenda 2030 halten, wir werden uns nicht an den kulturellen Marxismus, an die Dekadenz halten“, sagte er damals. Unter der Agenda 2030 werden die Ziele für nachhaltige Entwicklung zusammengefasst, mit denen die UN sicherstellen will, dass wirtschaftliche Entwicklung nicht mit großen sozialen und ökologischen Kosten einhergeht.

Was salopp als Milei-Doktrin bezeichnet wird, zeigte im Juni auf der Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erstmals seine Wirkung. Milei hatte angeordnet, alle Resolutionen abzulehnen, [3][die sich positiv auf die Agenda 2030 beziehen]. Aus Baku musste die argentinische Delegation wohl abreisen, weil sie gar nicht über die dort gefassten Beschlüsse abstimmen sollte.

15 Nov 2024

LINKS

[1] /Warnungen-und-Appelle/!6045641
[2] /Umweltexperte-ueber-Argentinien/!6032218
[3] /Organisation-Amerikanischer-Staaten/!6020438

AUTOREN

Jürgen Vogt

TAGS

Argentinien
Schwerpunkt Klimawandel
Weltklimakonferenz
Javier Milei
Aserbaidschan
Robert Habeck
Robert Habeck
Schwerpunkt Klimawandel
Argentinien
Jair Bolsonaro
US-Wahl 2024
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz: Habeck, naiv in Baku

Robert Habeck bietet auf der COP Mini-Summen an. Und ausgerechnet der Globale Süden soll ohne Klimageld auskommen.

Klimakonferenz in Baku: Der Streit um Geld

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verspricht auf dem Weltklimagipfel finanzielle Hilfen. Die großen Fragen aber bleiben ungeklärt.

UN-Klimakonferenz in Baku: Auf Du und Du mit dem UN-Kohlenstoffmarkt

Die Delegierten auf dem Weltklimagipfel nicken Standards für CO₂-Kompensationszertifikate ab. Ist das ein Durchbruch? 7 Fragen und 7 Antworten.

Argentiniens Präsident bei der CPAC: Javier Milei macht Trump seine Aufwartung

Er durfte als erstes ausländisches Staatsoberhaupt dem künftigen US-Präsidenten nach dessen Wahlsieg die Hand schütteln. Beide lobten sich über den grünen Klee, doch sie verfolgen unterschiedliche Ziele.

Nach dem Anschlag in Brasilien: Tat eines „geistig Verwirrten“?

Der früher in der Partei des rechten Ex-Präsidenten Bolsonaro aktive Attentäter soll alleine gehandelt haben. Doch die Rhetorik der Rechten könnte ihn inspiriert haben.

Trumps Krieg gegen die Forschung: Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!

Trump ist ein Feind der Wissenschaft. Nun erwählt er Robert F. Kennedy Jr., einen Impfgegner und Wissenschaftsleugner, zum Gesundheitsminister.

Klimafreundliches Heizen: NGOs legen Empfehlungen für kommunale Wärmeplanung vor

Neun Umweltorganisationen warnen in einem Positionspapier vor Scheinlösungen wie Wasserstoff. Sie fordern die soziale Abfederung der Wärmewende.