taz.de -- Justiz in Argentinien: Niederlage für Cristina Kirchner
Ein Berufungsgericht in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires bestätigt die Haftstrafe gegen die frühere Präsidentin Cristina Kirchner wegen Korruption.
Buenos Aires taz | In Buenos Aires hat ein Berufungsgericht die sechsjährige Haftstrafe der ehemaligen argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner bestätigt. „Von 2003 bis 2015 haben Beamte des Staates und der Provinzen, darunter die zweimalige Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, ein betrügerisches Manöver durchgeführt, das der Staatskasse erheblichen Schaden zugefügt hat“, begründeten die Richter ihr Urteil.
Kirchner war im Dezember 2022 zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem ein Bundesgericht in Buenos Aires sie der Korruption für schuldig befunden hatte. [1][Das Gericht verbot ihr darüber hinaus auf Lebenszeit die Ausübung eines öffentlichen Amtes]. Die heute 71-Jährige war von 2007 bis 2015 Präsidentin und von 2019 bis 2023 Vizepräsidentin des Landes.
Kirchners Anwälte haben bereits angekündigt, dass sie nunmehr beim obersten Gerichtshof Berufung einlegen werden. Nur wenn der das vorinstanzliche Urteil auch bestätigt, wird es rechtskräftig. Doch selbst dann müsste Cristina Kirchner trotzdem nicht ins Gefängnis. Aufgrund ihres Alters kann sie nur unter Hausarrest gestellt werden. Eine Kandidatur für ein öffentliches Amt wäre ihr jedoch untersagt.
In dem Prozess ging es um 51 Straßenbauprojekte in der Provinz Santa Cruz, für die vor allem die Baufirma Austral Construcciones des Unternehmers Lázaro Báez in der Zeit zwischen 2003 und 2015 von den damaligen Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner Aufträge von umgerechnet fast einer Milliarde Euro erhalten hatte.
Öffentliche Vorlesung
Von den zwölf Mitangeklagten wurden damals acht zu langen Freiheitsstrafen verurteilt und vier freigesprochen. Auch diese Urteile wurden am Mittwoch vom Berufungsgericht bestätigt.
Vor dem Gerichtsgebäude veranstalteten Anhänger*innen von Cristina Kirchner eine öffentliche Vorlesung unter dem Titel „CFK, die reale Macht und die Justizmafia. Eine Fallstudie über lawfare“. Lawfare – law und warfare, Gesetz und Kriegführung, ein inzwischen international geläufiger Begriff für den Vorwurf politisch motivierter Strafjustiz – meint in diesem Fall die Verfolgung der progressiven linken Regierungen der Nullerjahre mithilfe einer politisierten Justiz und der rechten Medien.
„Diese juristische Farce kommt nicht überraschend. Es ist die gleiche Methode, die in Brasilien und anderen Ländern angewandt wird. Eine juristische Farce wie aus dem Lehrbuch, um populäre Anführer zu disziplinieren und zu ächten, die die Rechte und den Wohlstand für ihr Volk garantiert haben“, erklärte der Gouverneur der Provinz Buenos Aires Axel Kicillof.
Dagegen äußerte sich [2][der rechtslibertäre Präsident Javier Milei] zufrieden mit dem Urteil. „Heute können wir ohne jeden Zweifel feststellen, dass Cristina Fernández de Kirchner sich der Korruption schuldig gemacht hat“, twitterte Milei.
In den Meinungsumfragen ist Cristina Kirchner die Oppositionspolitikerin mit den höchsten Zustimmungswerten. Gegenwärtig kandidiert sie für den vakanten Vorsitz der Peronistischen Partei, der wichtigsten Oppositionspartei.
Sollte sie den Parteivorsitz übernehmen – woran kein Zweifel besteht –, wird erwartet, dass sie bei den Teilwahlen zum Kongress im nächsten Jahr für einen Sitz in der Abgeordnetenkammer kandidiert. Das könnte ihr der oberste Gerichtshof mit einer Urteilsbestätigung jedoch verbieten.
14 Nov 2024
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