taz.de -- Dekolonisierung: Neue Wappen für ehemalige Kolonien
Trinidad und Tobago verabschiedet sich von kolonialen Symbolen im Wappen. Auch in anderen ehemaligen Kolonien werden diese Schritte diskutiert.
Trinidad und Tobago will Schluss machen mit dem Kolonialismus. Dazu gehört auch die [1][Dekolonisierung des nationalen Länderwappens]. Auf diesem sind nämlich drei Schiffe aus der Flotte von Christoph Kolumbus abgebildet, der 1498 auf der Insel landete. Dass diese zum Zeitpunkt seiner „Entdeckung“ sehr wohl bereits bewohnt war, ignorierte der Seefahrer aus Genua geflissentlich.
Auch auf [2][Fidschi], [3][Grenada und den Bahamas] wird das Thema lebhaft diskutiert. Die Initiativen zur Umgestaltung von Wappen sind eingebettet in eine Bewegung, die sich vom kolonialen Erbe lösen will und im Zuge dessen Reparationszahlungen von den ehemaligen Kolonisatoren fordert.
Als ehemalige britische Kolonien gehören diese Länder zum [4][Commonwealth of Nations]. 56 Staaten umfasst dieser Verbund, hinzu kommen 13 britische Überseeregionen. Der britische König ist bis heute, zumindest formal, der „Head of Commonwealth“.
Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten sind ehemalige britische Kolonien. Nur Mosambik und Ruanda bilden eine Ausnahme – Kamerun und Togo, als vormals deutsche Kolonien wurden nach dem 2. Weltkrieg eine Zeit lang britisches Mandatsgebiet. Von den Commonwealth-Mitgliedstaaten sind heute indes 36 Länder eigene Republiken, 15 Staaten sind zwar unabhängig, aber unterstehen der britischen Krone und fünf Staaten bilden eigene Monarchien.
Die meisten Länder erhielten überhaupt erst durch ihre Kolonialisierung ein Länderwappen. In Großbritannien gibt es bis heute das „College of Arms“, eine staatliche Institution, die auch die Wappen für die Kolonien entworfen hat. Sie folgen vorwiegend einer typischen Anordnung: In der Mitte befindet sich ein Schild, das Nationalsymbole, Heroldsbilder oder andere zentrale Darstellungen enthält. Zu beiden Seiten befinden sich Schildhalter. Zuoberst sitzt ein Helm oder eine Krone, unterhalb des Schildes prangt ein Wappenspruch. Koloniale Symbolik lässt sich in allen Wappenteilen finden: so zum Beispiel die britische Krone, das Georgskreuz, rassistische Darstellungen von Schildhaltern, Wahlsprüche mit Preisungen der englischen Krone oder eben, wie im Fall von Trinidad und Tobago, europäische Schiffe.
Viele ehemalige britische Kolonien nutzten den Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung auch dazu, sich von ihren Nationalflaggen mit kolonialen Elementen zu befreien. Andere taten dies später, zuletzt Südafrika im Jahr 2000.
Trinidad und Tobago will am 24. September, dem nationalen Unabhängigkeitstag, sein neues Wappen vorstellen. Angekündigt ist, dass die Schiffe des Columbus durch die Steelpan, auch Stahltrommel genannt, ersetzt werden sollen, ein traditionelles Instrument. Es wäre ein symbolischer Paukenschlag, der entsprechende Diskussionen in weiteren Ländern anheizen könnte.
23 Sep 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
1913/14 filmte Hans Schomburgk in der damaligen deutschen Kolonie Togo. Ein heutiger Kollege brachte die Bilder zurück (und machte daraus einen Film).
Weil Banden sich bekämpfen, hat der Inselstaat in der Karibik den Notstand verhängt. Auch Militär wird zur Unterstützung der Polizei eingesetzt.
Tiere sind fühlende Wesen, so weit sind wir heute. Aber muss man Mitleid mit Pflanzen haben? Ein Gespräch über Schmerz und Kommunikation der Flora.
Exxon Mobil wird verklagt, weil die Firma lange fälschlicherweise behauptet hat, man könne alles Plastik recyclen. Was heißt das für den Klimaschutz?
Die Forschungsstelle zur Aufarbeitung von Hamburgs kolonialem Erbe gilt als Vorbild. Doch streicht der Senat Gelder und besiegelt damit wohl ihr Ende.
Am Freitag werden im Wedding die Maji-Maji-Allee und die Anna-Mungunda-Allee eingeweiht. Ein weiterer Kolonialverbrecher muss weichen.
Der Historiker Jürgen Zimmerer erforscht, wie Hamburg von Völkermord und Kolonialismus profitiert hat. Dabei stößt er zunehmend auf Widerstände.