taz.de -- Musikfestival im Humboldt Forum: Afro-Funk im Preußenschloss

Das „Durchlüften“-Festival im Schlüterhof des Humboldt Forums in Berlin ist bunt und vielfältig. Trotzdem hat es einen nicht so guten Beigeschmack.
Bild: Seit dem 18. Juli und noch bis zum 10. August findet das „Durchlüften“-Festival im Schlüterhof des Humboldt Forums statt

Auch heute Abend soll es wieder ziemlich warm werden. Aber das wird die Combo Fulu Miziki hoffentlich nicht auf die Idee bringen, bloß in langweiligen T-Shirts aufzutreten. Man möchte die Band aus dem Kongo schon unbedingt in den Monturen erleben, in denen sie es zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht haben.

Sie tragen kunterbunte und selbst gebastelte Fantasieuniformen, auf die selbst der stets schrill gekleidete Funk-Musiker George Clinton neidisch sein dürfte. Manchmal erscheinen sie auch mit Masken, mit denen sie aussehen wie Aliens vom Planeten der Reptilienwesen. Dazu spielen sie auf selbst gebauten Instrumenten.

„Fulu Miziki“ heißt übersetzt so viel wie „Musik aus Müll“ und das soll durchaus wortwörtlich genommen werden. Zu erwarten ist heute jedenfalls eine Horde in Recycling-Trachten, die polyrhythmische Klänge auf upgecyceltem Schrott erzeugt, was bei so manchem Tourist und mancher Touristin für großes Erstaunen sorgen dürfte.

An diesem Wochenende endet das Festival „Durchlüften“ im [1][Humboldt Forum], in dessen Rahmen Fulu Miziki auftreten werden. Einen Monat lang gab es hier immer jeweils von Donnerstag bis Sonntag Konzerte und DJ-Sets zu erleben. Alles kostenlos und im Freien. Die DJs konnten sogar noch nach 22 Uhr auflegen, was sich kaum ein [2][Berliner Club] leisten kann wegen der Anwohner.

Das Programm ist bunt und vielfältig

Seit 2021 gibt es das Draußen-Festival, bei dem neben lokalen Acts auch Musiker und Musikerinnen aus aller Welt auftreten. Das Programm ist so [3][bunt, vielfältig und auch bewusst den Globalen Süden in den Blick nehmend], wie es sogar dem Haus der Kulturen der Welt gut zu Gesicht stehen würde.

Und es wird gut angenommen. Beim Auftritt von Ndagga Rhythm Force aus dem Senegal am letzten Wochenende war der Schlüterhof ziemlich gut besucht und die Schlange beim Catering schier endlos. Auch Prominenz wie die Berliner Nachtleben-Legende Dimitri Hegemann war zugegen. Und wenigstens ein paar der Konzertbesucher sahen so aus, als könnten sie Teil der senegalesischen Community in Berlin sein.

„Durchlüften“ ist ein wahnsinnig gut gemeintes und erst recht gut kuratiertes Festival. Das aber auch einen nicht so guten Beigeschmack hat. Wenn man hier nämlich im Innenhof steht mit seinen Palmen in Blumenkübeln in Übergröße und den bunten Sitzgelegenheiten, die dem ganzen Ambiente etwas die Steifheit nehmen sollen, bleibt einfach das Gefühl, sich an einem problematischen Ort zu befinden.

Eines lässt sich nicht ausblenden

Man blickt auf die Bühne, wo sich eine Band aus Afrika darum bemüht, die Leute zum Tanzen zu bringen. Und schweift mit seinem Blick dennoch immer wieder ab auf die ganzen Fresken und Sandsteinfiguren des wiederaufgebauten Stadtschlosses, in dem sich das Humboldt Forum befindet.

Fulu Miziki mit ihrem wiederaufbereiteten Müll aus Afrika sind sicherlich das genaue Gegenteil von dem, was sich die konservativen Kräfte, die zum Teil hinter der Rekonstruktion des Preußenschlosses stehen, unter echter Kultur vorstellen. Aber die Tatsache, dass diese Schmuckelemente der Schlossfassaden von teilweise dubiosen rechten Spendern ermöglicht wurden, lässt sich trotzdem nicht ausblenden.

Und man fragt sich auch, ob das Festival durch seine Einladungen von Musikern und Musikerinnen aus dem Globalen Süden nun ein antikoloniales Event ist oder doch eher dazu dienen soll, die ganzen Debatten über Raubkunst und Kolonialismus, die das Humboldt Forum seit je her begleiten, etwas weniger dringlich erscheinen zu lassen.

7 Aug 2024

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AUTOREN

Andreas Hartmann

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