taz.de -- Rechtliche Fragen zum „Compact“-Verbot: Es geht nicht um Straftaten

Nach welchem Gesetz wurde der „Compact“-Verlag verboten? Wie kann er gegen das Verbot vorgehen? Fragen und Antworten.
Bild: „Deutschland den Deutschen“ und „Compact“ für den Müll: ein Kiosk sortiert nach dem Verbot das Heft aus dem Sortiment

In welchem Gesetz sind Vereinsverbote geregelt?

Im Vereinsgesetz. Das Vereinsgesetz regelt ausschließlich, wie man Vereine verbietet.

Wer kann in Deutschland Vereine verbieten?

Für bundesweit aktive Organisationen ist das Bundesinnenministerium zuständig, derzeit also Ministerin Nancy Faeser (SPD). Bei örtlichen und regionalen Organisationen müssen die Länder handeln. Bei Parteien ist das Bundesverfassungsgericht zuständig, aber nur wenn es einen Antrag gibt.

Welche Voraussetzungen bestehen für ein Vereinsverbot?

Laut Vereinsgesetz gibt es drei Verbotsgründe: 1. der Verein begeht strafbare Handlungen, 2. der Verein richtet sich gegen die Völkerverständigung, 3. der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Faeser stützt das Verbot von Compact auf Letzteres. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob Compact-Chef Jürgen Elsässer bereits strafrechtlich verurteilt wurde.

Die Verfassungsfeindlichkeit von Compact ergibt sich laut Faeser daraus, dass die Publikation offen den Umsturz der Verfassungsordnung propagiert und gegen arabische, muslimische und jüdische Menschen hetzt. Compact vertrete ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept, das „ethnisch Fremde“ aus dem Staatsvolk ausschließen will, was deren Menschenwürde verletze.

Wie kann das Compact-Magazin als „Verein“ verboten werden?

Das Vereinsgesetz gilt nicht nur für eingetragene Vereine, sondern für alle Personenzusammenschlüsse, auch für Unternehmen wie die Compact Magazin GmbH.

Wie verträgt sich das Compact-Verbot mit der Pressefreiheit?

Die Herausgabe einer Zeitschrift oder eines Onlinemagazins ist durch die Pressefreiheit geschützt. Das heißt: Eingriffe in die Pressefreiheit sind nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung möglich, die verhältnismäßig ist und im Einzelfall in verhältnismäßiger Weise angewandt wird.

Die Vereinsverbote sind gesetzlich geregelt und grundsätzlich verhältnismäßig. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass die Pressefreheit zurückstehen muss, wenn eine Publikation verbotswürdige Zwecke verfolgt. Ob sich auch das konkrete Verbot von Compact in Abwägung mit der Pressefreiheit rechtfertigen lässt, wird sich vor Gericht zeigen. Das Innenministerium hat in seiner 79-seitigen Verbotsverfügung ausführlich Indizien gegen Compact zusammengetragen.

Kann Compact gegen das Verbot klagen?

Natürlich. Gegen bundesweite Vereinsverbote gibt es aber nur eine Instanz, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Klage hat dabei keine aufschiebende Wirkung. Gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen, etwa Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, kann auch bei den Verwaltungsgerichten vor Ort geklagt werden. Wenn der normale Rechtsweg erschöpft ist, kann auch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen werden.

Welche Strafe droht Compact-Chef Elsässer?

Zunächst keine. Das Vereinsverbot ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und nicht mit Sanktionen für vergangenes Verhalten verbunden. Compact wurde auch nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft wie die Letzte Generation. Nur wenn Elsässer Compact fortführt oder eine Ersatzorganisation gründet, macht er sich strafbar.

16 Jul 2024

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Christian Rath

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