taz.de -- Frauenfußball in der Schweiz: Eidgenössische Probleme

Inka Grings wurde als Fußball-Nationaltrainerin der Schweiz abberufen. „Einvernehmlich“, heißt es. Doch ihr Abgang hat nicht nur sportliche Gründe.
Bild: Inka Grings bei der 1:7-Niederlage ihres Schweizer Teams gegen die Weltmeisterinnen aus Spanien

Das sind schon etliche Klicks, bis man auf der Website des Schweizerischen Fußballverbandes (SFV) die Mitteilung findet, dass [1][Inka Grings] aufhört.

Ihren Job als Nationaltrainerin ist die 45-jährige Fußballlehrerin nach weniger als einem Jahr wieder los. Das hat sportliche Gründe, aber nicht nur. Fußballerisch ist das Problem, dass ihr in 14 Spielen nur ein Sieg gelang – ein 2:0 über die Philippinen. Es soll während der [2][WM] in Australien und Neuseeland zu Auseinandersetzungen in der Kabine gekommen sein. Ein Vorfall auf dem Rückflug aus Australien habe dann dafür gesorgt, dass Grings den Rückhalt auch des Teams verloren habe, heißt es.

Und doch ist das nicht alles. Grings selbst sagt: „Um – aufgrund der aktuellen Ereignisse – Druck von Mannschaft und Verband zu nehmen, habe ich mich schweren Herzens zu diesem Schritt entschieden.“ Schon der Plural zeigt an, dass es nicht allein um die jüngste 1:7-Schlappe gegen Spanien geht.

Ermittlungen gegen Tecklenburg

Grings ist zu allem Überfluss auch in den Skandal um den Ehemann der Ex-DFB-Bundestrainerin [3][Martina Voss-Tecklenburg] verwickelt. Dieser, Hermann Tecklenburg, soll in 513 Fällen Sozialabgaben zurückgehalten haben. Das betrifft Grings zwar nur zu einem geringen Teil, der juristisch auch schon längst abgehakt ist – aber sie hatte wohl ihren Arbeitgeber SFV nicht informiert. Grings war 2019/20 beim Männer-Oberligisten SV Straelen als Trainerin angestellt. Dessen Präsident ist Hermann Tecklenburg, und der soll ihr Teile ihres Lohnes schwarz ausgezahlt haben. Alles wurde jedoch zurückgezahlt.

Wie groß der Anteil Hermann Tecklenburgs an der Demission seiner Frau beim DFB ist, lässt sich bislang kaum sagen. Aber die sich auf den ersten Blick aufdrängende Parallele von Grings zu Voss-Tecklenburg erweist sich nicht als tragfähig. Zumal die meist mit der nicht gerade wichtigen Information untermauert wird, dass die beiden früher mal liiert waren.

Eher schon gibt es Vergleichbarkeiten des Schweizer Frauen- mit dem deutschen Männerfußball. Beide Auswahlen sind in einer veritablen Krise, die sich nicht mit mangelnder Qualität des kickenden Personals erklären lässt. Beide Auswahlen haben demnächst eine Heim-EM vor sich – DFB 2024, SFV 2025 –, und beide hatten sich mit erfahrenen Trainerstäben darauf vorbereitet, die sie beide nun austauschen müssen. Grings ist quasi Flick, und die Schweiz sucht eine Nagelsmännin.

19 Nov 2023

LINKS

[1] /Pionierin-im-Maennerfussball/!5404889
[2] /Fussball-WM-2023/!5951836
[3] /Geruechte-um-Bundestrainerin/!5964099

AUTOREN

Martin Krauss

TAGS

Frauenfußball
Schweiz
Martina Voss-Tecklenburg
Kolumne Press-Schlag
Kolumne Press-Schlag
Frauenfußball

ARTIKEL ZUM THEMA

Trainerinnen im Männerfußball: Man bleibt weiter Mann

Die Männer von Union Berlin werden bis auf Weiteres von einer Frau trainiert. Ist das vielleicht der Beginn einer neuen Ära?

Gerüchte um Bundestrainerin: Ein Kommunikationsdesaster

DFB und Martina Voss-Tecklenburg fehlt es an Professionalität – das geht auf Kosten der Spielerinnen.

Trainerinnen im Frauenfußball: Chancen nur im Nachbarland

Deutsche Trainerinnen sind im Schweizer Frauenfußball gefragt. Vier Erstligisten vertrauen auf deren Expertise. Deutsche Klubs bevorzugen Männer.