taz.de -- Insolvenz des Fahrradherstellers VanMoof: Vernetzt und weg

Die Pleite der E-Bike-Marke VanMoof zeigt die Probleme mit Smart-Systemen. Steht man bald vor der Haustür, wenn dann die Schloss-App nicht mehr geht?
Bild: Ein Mann fotografiert ein VanMoof-E-Bike vor dem Firmensitz in Amsterdam

Es ist die Insolvenz eines Fahrradherstellers, die gerade einen kleinen Blick in die gar nicht so entfernte Zukunft eines immer stärker digital vernetzten Lebens erlaubt. Warum ein Fahrradhersteller? Nun, es geht um E-Bikes der niederländischen Marke VanMoof. Diese entfalten ihre volle Funktionsfähigkeit erst in Kombination mit einer zugehörigen App. So funktioniert zum Beispiel das automatische Entriegeln des Schlosses, wenn man sich dem eigenen Rad nähert, nur per Smartphone, Tablet oder Smartwatch.

Bei den Besitzer:innen der VanMoof-Räder geht nun eine Sorge um: Was, wenn die Firma, die derzeit nach Möglichkeiten sucht, etwa über einen Verkauf an ein anderes Unternehmen noch weiter Fahrräder bauen zu können, nicht gerettet werden kann? Und was, wenn sie dann, was eine logische Konsequenz wäre, doch die Server abschaltet, die für die Anbindung der App notwendig sind?

Der Fall ist deshalb ein kleiner Blick in die Zukunft, weil sich diese Geschichten in einer vernetzten Welt häufen werden. Weil Hersteller von [1][Staubsaugerrobotern], [2][vernetzten Küchenmaschinen], Smart-Home-Systemen oder Alarmanlagen pleitegehen. Weil sie dann ihre Produkte inklusive digitaler Steuerungswerkzeuge nicht weiterentwickeln, Sicherheitslöcher nicht stopfen oder Server gleich ganz abschalten – und man im ungünstigsten Fall vor dem smarten Schloss der Wohnungstür steht, das plötzlich den Dienst verweigert.

Lösung Open Source

Die etwas schadenfrohe „Selber-Schuld“-Karte, die in solchen Fällen gerne gespielt wird, trumpft hier nur bedingt. Denn schon heute ist beispielsweise das vernetzte Auto Standard. Und noch problematischer wird es im medizinischen Bereich, wenn etwa der Hersteller einer vernetzten Prothese oder eines Implantats insolvent ist.

Zumindest in einem gewissen Rahmen ließe sich solchen Problemen vorbeugen, wenn die Hersteller – freiwillig oder verpflichtet – stärker auf [3][Open Source] und offene Schnittstellen setzen würden. Das wird umso wichtiger, je vulnerabler die Betroffenen nach einer eventuellen Insolvenz zurückbleiben.

20 Jul 2023

LINKS

[1] /Kolumne-Nach-Geburt/!5599878
[2] /Technik-im-heteronormativen-Zuhause/!5826337
[3] /Datensammelnde-Apps/!5864615

AUTOREN

Svenja Bergt

TAGS

Insolvenz
Fahrrad
Smart
Verkehrswende
Kolumne Digitalozän
Fahrrad
E-Roller

ARTIKEL ZUM THEMA

Alltag und Wahnsinn: Leben nach dem Reload-Prinzip

Die Digitalisierung hat uns einen entspannteren Umgang mit Problemen gezeigt, die wir ohne sie gar nicht hätten. Inspirierend.

E-Bike-Hersteller VanMoof insolvent: Hipster-Märchen am Ende

Der E-Bike-Hersteller VanMoof warb mit Design und grüner Technologie. Jetzt ist die Firma insolvent. Auch für Kund*innen sind das schlechte Nachrichten.

Mieträder-Anbieter Nextbike: Next Betriebsratsgründung

Beim Radverleiher Nextbike soll ein Betriebsrat gewählt werden. Die Übernahme durch das E-Roller-Start-up Tier einen ersten Versuch zunichte gemacht.

Zukunft der Heimvernetzung: Smarte Stromzähler gegen Android

Als Teil eines intelligenten Stromnetzes sind "Smart Meter", intelligente Stromzähler, unverzichtbar. Konzerne wollen sie zur Keimzelle der Heimvernetzung ausbauen.