taz.de -- Neues Konzeptverfahren für das ICC: Der allerletzte Rettungsversuch
Der Senat will das Messezentrum ICC loswerden. Ob ein Investor anbeißt und die Problem-Immobilie saniert ist aber äußerst ungewiss.
Es gibt politische Vorschläge, bei denen wundert man sich, warum sie so lange auf sich warten ließen. Ein „Konzeptverfahren“ für das [1][Internationale Congress Centrum ICC] ist so ein Vorschlag. Am Dienstag hat der rot-grün-rote Senat auf Vorschlag von Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) beschlossen, auf Investorensuche gehen zu wollen. Was haben denn die Vorgängerinnen und Vorgänger im Amt gemacht? Haben sie keine Käufer gesucht?
Doch, haben sie, betonte Schwarz auf der anschließenden Pressekonferenz. Nur hätten sie das Pferd falsch aufgezäumt. Statt selbst mit der Sanierung in Vorleistung zu gehen und dann einen Käufer zu suchen, will Schwarz nun einen Nutzer finden, der auch die Sanierung stemmt. Schwarz selbst spricht von 200 Millionen Euro. Es gibt aber auch Schätzungen, dass die Sanierung des seit 2014 leerstehenden Congress Centrums bis zu einer Milliarde Euro kosten könnte.
Klingt auf den ersten Blick wenig realistisch. Doch Schwarz und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey setzen auf einen Effekt, der zuletzt im September bei der Metropolenkonferenz [2][„Q Berlin“] aufgetreten ist. Die fand im ICC statt und hat das futuristische Gebäude etwas aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Schwarz bemühte am Dienstag deshalb auch das Bild des „schlafenden Riesen“.
Vor allem Akteure aus Kunst und Kultur will der Senat mit dem Verfahren ansprechen. Giffey wünscht sich ein „modernes Centre Pompidou“ für Berlin.
Es kann dauern
Doch das ist womöglich nichts anderes als das übliche Geklingel. Jeder Verkäufer redet seine Immobilie schön. Eine Problemimmobilie wird da schnell zum Märchenschloss. Dass es zäh werden kann, hat der Senat schon eingepreist. Eine Vergabe ist nicht vor 2026 geplant.
Und wenn sich keiner findet? Die Pläne für Abriss und Neubau waren schon mal in der Schublade. Dort hat man sie gelassen, als 2015 beschlossen wurde, einen Rettungsversuch zu starten. Nun gibt es wohl den allerletzten Rettungsversuch. Sollte er scheitern, könnte auch der Denkmalschutz genötigt sein, zähneknirschend dem Abriss zuzustimmen.
18 Jan 2023
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Haushaltspolitiker Christian Goiny schlägt vor, sanierungsbedürftige Immobilien an die Nutzer zu geben. Die könnten günstiger sanieren als das Land.
Künstler und Architekten befassen sich mit einer Wiederbelebung des ICC. Inzwischen will auch die Politik das Kongresszentrum nicht mehr abreißen.
Das Internationale Congress Centrum in Berlin ist keine klassische Schönheit. Aber der gewaltige Bau funktioniert tadellos. Wenn man ihn nur ließe.
Die Liberalen wollen das ICC privatisieren, sonst sei die Investorensuche chancenlos. Aber auch andere Pläne überzeugen nicht alle.