taz.de -- Präsident Macron besucht die USA: Ziemlich keine besten Freunde

Zwischen Frankreich und den USA knirschte es zuletzt. Daran änderten auch die schönen Fotos beim Staatsbesuch nichts.
Bild: Freundschaftlich, fast kumpelhaft Arm in Arm: Joe Biden und Emmanuel Macron am 1. Dezember

Paris taz | Bei jedem wichtigen Treffen mit Präsidenten der USA, erinnern französische Politiker und Medien daran, dass Frankreich Washingtons „ältester Partner“ sei. Sie beziehen sich dabei auf die Unterstützung des Kampfs für die Unabhängigkeit durch General La Fayette. Aus dieser historischen Perspektive mag das stimmen. Doch der verlässlichste und angenehmste Alliierte war Frankreich in den 250 Jahren seit der Unabhängig der britischen Kolonie in Nordamerika nur selten.

Auch beim Staatsbesuch am Donnerstag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron konnten die Meinungsverschiedenheiten weder vom Gastgeber Joe Biden noch von seinem Besucher aus Paris mit der üblichen Höflichkeit unter den Tisch gewischt werden. Macron ist Bidens erster Staatsgast seit seinem Amtsantritt im Januar 2021.

„Alliiert, aber nicht gebunden“, hieß es beim Medienbriefing vor Macrons Abflug nach Washington. In diesem Sinne wollte Macron schon am Mittwochabend beweisen, dass er bei allem Dank für die Ehren in diesen vier Tagen wie sonst auch Klartext reden wollte. Der Anlass dafür war eine kurze Ansprache vor in der US-Hauptstadt lebenden Landsleuten in der französischen Botschaft.

Als er dabei auf den derzeitigen bilateralen Streit kam, wählte Macron überraschend undiplomatische Worte: Bidens Plan zur Inflationsbekämpfung und namentlich die Investitionen und Subventionen im Kampf gegen die Klimakrise in der Höhe von 430 Milliarden Dollar seien „super aggressiv“.

Macron will mit Putin verhandeln

Die amerikanische Begünstigung der eigenen Industrie treibe einen Keil zwischen die westlichen Alliierten. „Europa und Frankreich werden da zu einer bloßen Variable“ im Handelsstreit mit China, beschwerte sich Macron.

Dass der französische Staatschef mit ihm über dieses Thema sprechen wollte, wusste Biden im Voraus. Er nahm seinem Gast den Seitenhieb offenbar nicht allzu übel. Macron möchte, wie er sich ausdrückt, die Beziehungen mit Washington „erneut synchronisieren“, und dazu wollte er betont deutlich sagen, was aus Pariser Sicht nicht akzeptabel erscheint.

Im Übrigen hat die französische Führung noch immer nicht vergessen, dass [1][Australien auf nordamerikanischen Druck hin 2021 einen Vertrag zum Kauf französischer Unterseeboote] annullierte, um stattdessen in den USA das Rüstungsmaterial einzukaufen.

Nicht nur soll so etwas nie wieder vorkommen, zudem möchte Frankreich im Gegenteil in den Handelsbeziehungen vorrangig behandelt werden. Neben mehreren Regierungsmitgliedern, Macrons Gattin Brigitte und dem Aushängeschild Thomas Pesquet, ein französischer Astronaut, war deshalb auch die „Crème de la crème“ der französischen Wirtschaft Teil der Delegation.

Ein weiteres heikles Thema zwischen den USA und Frankreich: der Krieg in der Ukraine. Macron, der während Wochen vergeblich am [2][Telefon mit Wladimir Putin] vermitteln wollte, glaubt auch weiterhin, der Dialog mit dem russischen Staatschef sei noch möglich, um Russland und die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen. Nur so ließe sich ein „guter Frieden“ etablieren. Obwohl Frankreich an der vollen Unterstützung der Ukraine keine Zweifel aufkommen lassen will, [3][irritiert dies nicht nur in den USA].

Der Staatsbesuch soll auch in dieser Hinsicht einer Annäherung dienen. Fast ebenso wichtig wie die gemeinsame Medienkonferenz sind für Präsident Macron die Bilder, die ihn mit Joe Biden betont freundschaftlich, fast kumpelhaft, Arm in Arm zeigen.

1 Dec 2022

LINKS

[1] /U-Boot-Deal-Streit-mit-USA-und-Australien/!5802327
[2] /Frankreichs-Praesident-Macron-in-Moskau/!5833474
[3] /Neues-Dialogformat-in-Frankreich/!5876783

AUTOREN

Rudolf Balmer

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