taz.de -- Deutsche Bahn ohne Klimakurs: Ignoranz an der Spitze

Der Bahn-Chef räumt ein, sich noch nicht mit einem Klimaticket nach österreichischem Vorbild befasst zu haben. Das illustriert das Führungsproblem.
Bild: Klimaticket – sagt ihm nichts: Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG

Diese Ignoranz ist erstaunlich: Der Chef der Deutschen Bahn Richard Lutz kann zu einem [1][Klimaticket] nach österreichischem Vorbild nichts sagen, weil er sich nicht damit befasst hat. Österreich hat eine Art Flatrate zu einem guten Preis für Züge und den ÖPNV eingeführt, um Bürger:innen zum Umsteigen vom Auto auf Bus und Bahn zu bewegen. Über das „Klimaticket“ wird gerade breit diskutiert, ob es ein Modell auch für Deutschland ist. Doch der Chef der Deutschen Bahn kann dazu keine Stellung nehmen, weil er nicht weiß, worum es geht.

Der Mann ist verantwortlich für einen weltweit tätigen Konzern mit fast 50 Milliarden Euro Umsatz, soll er sich da mit solchen Fragen belasten? Ja, das soll er, denn hier geht es ums Kerngeschäft. Lutz’ Attitüde illustriert das Problem der Führungsspitze. Sie ist weiterhin auf Global-Player-Kurs und unfähig, die Probleme im Personenverkehr hierzulande zu sehen.

Die [2][Deutsche Bahn] hat gerade jetzt in Zeiten der Energie- und Klimakrise eine enorm hohe gesellschaftliche Verantwortung. Noch nie war es so wichtig, Bürger:innen zum Energiesparen und zum Umstieg auf [3][öffentliche Verkehrsmittel] zu bewegen. Die Manager:innen der Deutschen Bahn zeigen sich von diesem Anspruch leider komplett unberührt. Sie reden von Klimaschutz, aber nur in hohlen Phrasen. Der Konzern schränkt weiter Rabattangebote wie die Partner-BahnCard ein und stößt Stammkund:innen damit vor den Kopf. Gleichzeitig sind die Manager:innen nicht dazu in der Lage, attraktive neue Angebote zu entwickeln – sie schauen sich offenbar nicht einmal an, was ihre Kolleg:innen in anderen Ländern auf die Beine stellen.

Dass es mit der Deutschen Bahn nicht weitergehen kann wie bisher, ist auch der Bundesregierung klar. Deshalb will sie den Konzern umbauen. Verkehrsminister Volker Wissing darf die Reform nicht weiter auf die lange Bank schieben. Jeder Monat mit dieser Deutschen Bahn ist ein verlorener Monat für den Klimaschutz und die Verkehrswende.

31 Mar 2022

LINKS

[1] /Bahninitiativen-fordern-Klimaticket/!5841753
[2] /9-Euro-OePNV-Fahrkarte-der-Ampelregierung/!5841584
[3] /Steigende-Benzinpreise-in-Deutschland/!5840374

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

Verkehrswende
Schwerpunkt Klimawandel
Deutsche Bahn
Deutsche Bahn
Deutsche Bahn
Volker Wissing
Ampel-Koalition
Deutsche Bahn
Deutsche Bahn
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

ARTIKEL ZUM THEMA

Desolate Lage der Deutschen Bahn: Die Bahn wird zur Chefsache

Verkehrsminister Wissing will im DB-Konzern stärker mitmischen. Schienensanierungen sollen klüger geplant werden. Die Verkehrsbranche ist skeptisch.

Bundeskartellamt mahnt Konzern ab: Deutsche Bahn soll Daten teilen

Das Bundeskartellamt moniert die Weigerung des Konzerns, mit Onlineplattformen zu kooperieren. Für die Bahnbranche hat das Folgen.

9-Euro-Ticket der Bundesregierung: Bundesweit gültig

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einigt sich auf wichtige Details. Im Juni, Juli und August können Interessierte für je 9 Euro überall den ÖPNV nutzen.

9-Euro-Monatsticket für ÖPNV: Tickets sollen bundesweit gelten

Der Verband der Verkehrsunternehmen fordert, das geplante 9-Euro-Monatsticket soll nicht nur für einige Tarifzonen gelten. Im Juni soll es losgehen.

Deutsche Bahn trotzt Energiekrise: Klimaticket? Nie gehört

Hohe Energiepreise sind für die Deutsche Bahn vorerst kein Problem. Über ein günstiges Netzticket wie in Österreich denkt der Konzern nicht nach.

Bahninitiativen fordern Klimaticket: Deutsche Bahn unter Zugzwang

Bahninitiativen kritisieren, dass der Staatskonzern seine Stammkunden vernachlässige. Sie fordern ein Klimaticket – nach österreichischem Vorbild.

Wegen gestiegener Energiepreise: Heil fordert Mobilitätsgeld

Der Arbeitsminister schlägt eine Zahlung für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Einkommen vor. Fraglich ist, ob die FDP das unterstützt.