taz.de -- Impfpflichtdebatte in Kriegszeiten: Verschieben, aber nicht vergessen

Eine allgemeine Impfpflicht ist in Kriegszeiten kaum noch durchsetzbar. Der moderate Vorschlag von CDU/CSU erscheint da am sinnvollsten.
Bild: Auch in Kriegszeiten macht die Pandemie keine Pause

Jetzt auch noch eine [1][Impfpflicht] einführen? Ernsthaft? Haben wir nicht gerade genug andere Sorgen? So dürften viele reagieren, wenn der Bundestag nächste Woche über die verschiedenen Gesetzentwürfe debattiert. Angesichts des Kriegs in der Ukraine scheint eine möglicherweise schwierige Coronalage im nächsten deutschen Winter ungefähr so weit weg wie der Mond. Vielleicht sollten wir uns besser erst einmal um humanitäre Hilfe für die Menschen in und aus der Ukraine kümmern.

Es wäre ohnehin falsch, jetzt eine umstrittene Impfpflicht für alle Altersgruppen durchzupeitschen – ohne zu wissen, ob die verfügbaren Impfstoffe überhaupt gegen eine Ansteckung mit möglichen neuen Varianten schützen oder kaum, wie bei Omikron. Am dringendsten ist jetzt eine bestmögliche Aufnahme und Versorgung der Geflüchteten. Dafür braucht es gesellschaftlichen Zusammenhalt und keine neue Spaltung durch Corona-Debatten.

Also die Impfpflicht endgültig versenken und Corona abhaken? Das wäre nun auch wieder zu kurzsichtig. Zum einen erlauben es die aktuellen Inzidenzen nicht, auch noch die Maskenpflicht aufzuheben. Außerdem könnte es sein, dass wir im Winter noch dringender als bisher gedacht eine hohe Impfquote brauchen werden.

Denn selbst wenn der Krieg wie durch ein Wunder demnächst gestoppt wird, gibt es Anzeichen, dass er zu einer Wirtschaftskrise mit höherer Arbeitslosigkeit und Energieproblemen führen wird. Dann sollten nicht auch noch neue Lockdowns wegen gefährlicher Varianten dazukommen.

Deshalb muss es natürlich weiter gute Impfangebote geben, übrigens auch für die Geflüchteten, aber keine sofortige Pflicht ohne akute Not und sicheren Sinn. Am klügsten scheint [2][daher im Moment der Vorschlag der Union], die gesetzlichen Grundlagen für eine Impfpflicht zu schaffen – jedenfalls für Senioren, damit man im Ernstfall vorbereitet ist –, die Pflicht aber nicht jetzt schon einzuführen. Sondern erst dann, wenn es wirklich wieder eine gefährliche Variante gibt und wenn der verfügbare Impfstoff wirklich davor schützt.

11 Mar 2022

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Lukas Wallraff

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