taz.de -- Ver.di gegen Ökostromanbieter Lichtblick: Grün aber unfair

Der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick lehnt es weiter ab, über die Einführung eines Tarifvertrags zu verhandeln. Das ärgert nun sogar die Grünen.
Bild: Will weiter auf Verhandlungen mit Ver.di verzichten: der Ökostromanbieter Lichtblick

Hamburg taz | Immerhin einem Aspekt kann Ver.di-Gewerkschafter Björn Krings etwas Gutes abgewinnen: Nachdem der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick nun ein zweites Mal die Forderung nach einem Tarifvertrag für die rund 400 Beschäftigten ablehnt, sei der „tariflose Zustand“ nun eindeutig belegt. Damit könne die Gewerkschaft rechtssicher in einen langfristigen Arbeitskampf treten.

Seit [1][vergangenem November] versucht Ver.di den Ökostromanbieter dazu zu bringen, erstmals in der Unternehmensgeschichte einen Tarifvertrag auszuhandeln. Doch das einstige Start-up-Unternehmen, das 2018 vom niederländischen Energieversorger Eneco übernommen wurde, mauert weiter – zum Unverständnis von Betriebsrat und Gewerkschaft: „Es passt einfach nicht zusammen, dass sich ein Unternehmen mit einem fairen Image schmückt und gleichzeitig die Sozialpartnerschaft ablehnt“, sagt Krings.

Das Unternehmen hält einen Tarifvertrag nicht für nötig: „Lichtblick hat dem Betriebsrat ein sehr attraktives Gesamtpaket vorgelegt“, sagt Unternehmenssprecher Ralph Kampwirth. Erreicht werden solle mit dem Angebot auch eine marktgerechte Vergütung. Nach Angaben von Ver.di seien die Gehälter vor allem in den unteren Lohngruppen des Unternehmens deutlich unter dem, was in der Energiebranche üblicherweise gezahlt werde.

„Dafür braucht es einen Tarifvertrag, wie es ihn auch bei den großen Energieversorgern gibt“, sagt Krings. Zwar gebe es bereits einige gute Angebote des Arbeitgebers an die Beschäftigten – etwa die Möglichkeit, ein Sabbatical zu nehmen. Aber: Erst mit einem Tarifvertrag seien diese Angebote auch langfristig gesichert.

Grüne Bürgerschaftsfraktion appelliert an Unternehmen

Weil sich Lichtblick als soziales Unternehmen präsentiert, das mit seiner Arbeit für eine bessere Welt sorgen will, ist die ablehnende Haltung zum Tarifvertrag nun auch ein Hamburger Politikum geworden.

Die grüne Bürgerschaftsfraktion appelliert an das Unternehmen: „Lichtblick sollte sich bewusst sein, dass Menschen nicht nur [2][nachhaltig konsumieren] wollen, sondern von milliardenschweren Unternehmen auch erwarten, dass sie ihren Mitarbeiter*innen faire, branchenübliche [3][Tariflöhne] zahlen“, sagt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Filiz Demirel.

Einen Streik will die Gewerkschaft nicht mehr ausschließen. „Die Hand für Tarifverhandlungen bleibt aber weiter ausgestreckt“, sagt Krings.

22 Feb 2022

LINKS

[1] /Oekostromer-verweigert-Tarifverhandlungen/!5813636
[2] /Oekostrom/!t5007749
[3] /Tarif/!t5044053

AUTOREN

André Zuschlag

TAGS

Verdi
Ökostrom
Hamburg
Tarifverhandlungen
Energieunternehmen
Ökostrom
CO2-Preis
Lichtblick

ARTIKEL ZUM THEMA

Ökostromer verweigert Tarifverhandlungen: Als Arbeitgeber kein Lichtblick

Die Gewerkschaft Ver.di fordert Deutschlands größten Ökostromanbieter Lichtblick zu Tarifverhandlungen auf. Das Hamburger Unternehmen mauert.

Ökostrom wird teurer: Grüner, aber nicht günstiger

Im Herbst wird die Stromrechnung vor allem durch die gestiegenen CO2-Preise teurer werden. Das gilt auch für Ökostrom.

Ökostrompionier Lichtblick baut um: Neue Köpfe und Prioritäten

Die letzten Manager aus der Aufbauphase verlassen den größten deutschen Ökostrom-Anbieter. Und der neue Eigentümer ist nicht wirklich öko.