taz.de -- Regierungssprecher Steffen Hebestreit: Tiktok tanzen mit dem Kanzler

Der ehemalige Journalist wird neuer Regierungssprecher der Ampel-Koalition. Zuvor war er schon Sprecher des Bundesfinanzministers Olaf Scholz.
Bild: „Flott und schneidig“: der neue Regierungssprecher Steffen Hebestreit

Berlin taz | Am Montag setzt sich Steffen Hebestreit, ein auffällig großer Mann, vor die blaue Wand der [1][Bundespressekonferenz]. Die neue Regierung halte „an der Tradition fest, hier nach Möglichkeit dreimal die Woche Rede und Antwort zu stehen“, sagt er mit ruhiger Stimme. Es ist sein erster Auftritt als neuer Regierungssprecher. Hebestreit erinnert daran, dass die Ampel erst seit fünf Tagen im Amt sei, er hoffe auf ein wenig „Verständnis“, wenn man sich anfangs vielleicht mal rückversichern müsse. Dennoch verspricht er „transparente Kommunikation.“

Und so kontert er die erste Frage [2][zum umstrittenen Nachtragshaushalt von 60 Milliarden Euro], die Finanzminister Christian Lindner nun in einen Energie- und Klimafonds stecken will, auch lässig. „Natürlich halten die Bundesregierung und die tragenden Parteien dieses Vorgehen für völlig verfassungskonform.“ Trotz mehrfacher Nachfragen: mehr ist bei dem Thema nicht herauszukriegen.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatte Kanzler Olaf Scholz Steffen Hebestreit offiziell als Regierungssprecher eingeführt. Seitdem [3][twittert dieser] auch fleißig [4][Videos] und [5][Bilder] von Scholz aus Paris, Brüssel oder [6][Warschau]. Über 62.600 Menschen folgen dem Account des neuen Regierungssprechers derzeit.

Hebestreit ist langjähriger Vertrauter von Olaf Scholz. Die beiden kennen sich: Seit 2018 bis zuletzt war er Sprecher des Bundesfinanzministers Scholz. Doch das eigentlich Besondere an Hebestreit ist seine Vergangenheit als Journalist. Er weiß wie Journalist:innen ticken. Das wird ihm im neuen Job nützlich sein.

Steffen Hebestreit, 1972 in Frankfurt am Main geboren, studierte Politikwissenschaften und Amerikanistik an der Goethe-Universität. Danach volontierte er bei der Frankfurter Rundschau, blieb ein paar Jahre dort und wurde 2006 Hauptstadtkorrespondent. 2010 ging er zur Mediengruppe DuMont.

Kleine Revolution in der Bundespressekonferenz

Als Politikjournalist war er auch sieben Jahre und vier Monate lang Mitglied der Bundespressekonferenz, von 2011 bis 2014 sogar im Vereinsvorstand. In dieser Zeit startete er eine kleine Revolution, erzählt Mathis Feldhoff, Vorsitzender der Bundespressekonferenz, am Montag: „Steffen Hebestreit verzichtete auf die bis dahin übliche Krawatte“ – was die einen wohl als „No-go“ werteten, andere als „modernes Statement“. Auch am Montag sitzt Hebestreit ohne Krawatte da, graues Sakko, weißes Hemd.

Seine Karriere als Journalist hat er längst hinter sich gelassen. 2014 wechselte er die Seiten und wurde Sprecher der SPD-Generalsekretärin [7][Yasmin Fahimi], 2015 wurde er Leiter der Hamburger Landesvertretung im Bund, später landete er bei Scholz.

Leute, die ihn als Sprecher von Finanzminister Scholz kennen, beschreiben ihn als „flotten, schneidigen Mann“. Humor scheint er jedenfalls zu haben. Hebestreit kündigte bei seiner Einführung an, das Bundespresseamt weiter zu modernisieren. „Dem Kanzler kann ich versprechen, dass er demnächst Tiktok tanzen wird, wenn wir das gemeinsam entscheiden“, sagte er.

13 Dec 2021

LINKS

[1] /Regierung-von-SPD-Gruenen-und-FDP/!5809667
[2] /Schulden-Trick-des-Finanzministers/!5819013
[3] https://twitter.com/RegSprecher
[4] https://twitter.com/RegSprecher/status/1470281555272740865
[5] https://twitter.com/RegSprecher/status/1469415329772224517
[6] /Aussenpolitik-der-neuen-Regierung/!5819123
[7] /SPD-Politikerin-ueber-Arbeitslosengeld/!5784222

AUTOREN

Jasmin Kalarickal

TAGS

Ampel-Koalition
GNS
Bundespressekonferenz
Kolumne Flimmern und Rauschen
Christian Lindner
Olaf Scholz
Mindestlohn

ARTIKEL ZUM THEMA

Ex-Regierungssprecher bei „FAZ“-Stiftung: Der nächste Seitenwechsel

Ulrich Wilhelm war früher Regierungssprecher, später BR-Intendant. Jetzt ist er „ein bisschen Verleger“ der „FAZ“.

Christian Lindners Finanzpolitik: In der Realpolitik angekommen

Corona-Milliarden fürs Klima nutzen: Was Christian Lindner (FDP) als Oppositionspolitiker ablehnte, setzt er als Finanzminister um.

Kanzler Olaf Scholz in Polen: Differenzen bekräftigt

Bundeskanzler Scholz hat in Warschau seinen polnischen Kollegen Morawiecki getroffen. Nicht nur in puncto EU und Russland sind sie unterschiedlicher Meinung.

Normalitätsbegriff von Olaf Scholz: Des Kanzlers einfache Leute

Scholz spricht gern von normalen, einfachen Leuten. Anders als Sahra Wagenknecht meint er das nicht populistisch-ausgrenzend.