taz.de -- Urzeit-DNA als Klimaretter: Das Lindner-Mammut

Wie die Erderwärmung stoppen? Der FDP-Chef setzt da ganz auf den Erfindergeist. Und siehe da: Ein Harvard-Professor hat ein Rezept gefunden.
Bild: FDP-Mitglieder beim „engineered“-klimapolitischen Neustart

Es ist das Mantra der letzten Fortschrittsgläubigen, [1][also der FDP:] Während drumherum alles in Starkregenfluten davonschwimmt, in Dürreperioden vertrocknet oder bei Bränden in Asche aufgeht, setzen sie darauf, an Verbrennungsmotoren, innerdeutschen Flugreisen und freier Fahrt für von Freiheit halluzinierende Bürger nichts zu ändern, weil irgendwem schon rechtzeitig irgendwas gegen die Erderwärmung einfallen wird.

Und siehe da – schon ist es passiert! Ein Genetikprofessor der Harvard-Universität und seine Investoren haben endlich ein Rezept gefunden, das Weltklima zu retten. Nämlich – warum sind wir da nicht gleich draufgekommen! – durch Rückzüchtung von Wollmammuts. Genau, diese Riesenelefanten mit der Harald-Martenstein-Frisur.

Der Plan ist jedem aus „Jurassic Park“ bekannt: Man pflanze die DNA eines der Eiszeithippies in die Eizelle eines real existierenden Elefanten, und schwupps! – schon hat man ein Mammut. Praktisch wie neu.

Nach dieser Starthilfe geht alles ganz von selbst: Jetzt braucht man die Tiere nur noch in der Arktis auszusetzen und sie machen lassen. Wenn erst mal ein paar zehntausend Exemplare dort eine Graslandschaft mit festgetrampeltem Boden etabliert haben, kann kein Methan mehr entweichen. Schon ist das Klima gerettet. Mit der Technik kann man außerdem noch viel mehr ausgestorbene Tiere zurückholen, falls man sie mal vermissen sollte.

Ohnehin Quatsch

Ein paar Mammuts zurückzubringen, mag eine reizvolle Idee sein, aber eines wären sie gewiss nicht: Mammuts. [2][Sondern eben, was dabei herauskommt, wenn Menschen Mammut-DNA in Elefanten pflanzen.] Dagegen wirkte selbst Christian Lindner natürlich. Der Klimarettungsplan ist ohnehin Quatsch. Abgesehen von der Realisierungschance würde es viel zu lange dauern.

Wir stehen mitten in einem der größten Massenaussterben der Erdgeschichte. Die Biodiversitätskrise bedroht uns ähnlich fundamental wie die Erderwärmung. Dennoch wird sie im Wahlkampf nicht mal diskutiert. Jetzt kommen ein paar drittmittelgetriebene Genetiker und versprechen, Arten nach Belieben wieder auferstehen zu lassen. Dann wird’s ja nicht so schlimm sein, wenn sie erst mal weg sind. Warum also Biotope erhalten, die man doch so schön für Palmölplantagen nutzen kann?

Statt darauf zu setzen, irgendwann mit absurdem Aufwand die Schäden zu reparieren, sollte lieber das, was noch zu retten ist, erhalten werden. Schon das ist eine echte: Mammutaufgabe.

17 Sep 2021

LINKS

[1] /FDP-Chef-Lindner-ueber-Klimapolitik/!5797246
[2] /Aus-dem-Labor/!5259923

AUTOREN

Heiko Werning

TAGS

Geht's noch?
Schwerpunkt Klimawandel
DNA
Christian Lindner
GNS
FDP
Literatur
Menschenaffen

ARTIKEL ZUM THEMA

FDP-Chef Lindner über Klimapolitik: „German engineered Klimaschutz“

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner setzt beim Klimaschutz auf den Markt und neue Technologien. Ein Gespräch über Freiheit in der Klimakrise.

John Green und das Anthropozän: Die Welt wird wohl überleben

Autor John Green fördert in seinem ersten Sachbuch Überraschendes über unser Erdzeitalter zutage – mit einer nahezu unerträglichen Leichtigkeit.

Petition zum Krefelder Zoo: Grenzen der Empathie

Nach dem Tod von Menschenaffen im Krefelder Zoo in der Silvesternacht ist die Trauer groß. Dass sie eingesperrt waren, bekümmert dagegen nur wenige.