taz.de -- GDL für Bahnstreik: Lokdown sofort

Sechs Jahre nach dem letzten Lokführer-Streik: Die Mitglieder der GDL haben sich für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Und es geht am Dienstagabend los.
Bild: Noch fährt die Bahn, aber die GDL ruft zum Streik auf und es soll sofort losgehen

Frankfurt/Main dpa | Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft zum Streik bei der Deutschen Bahn auf. Der Ausstand soll im Güterverkehr bereits am Dienstagabend um 19.00 Uhr beginnen, kündigte der [1][GDL-Vorsitzende Claus Weselsky] am Dienstag in Frankfurt an. Es folgt ein bundesweiter 48-stündiger Streik im Personenverkehr und in der Bahn-Infrastruktur vom Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 2.00 Uhr.

Zuvor hatten bei einer Urabstimmung 95 Prozent der teilnehmenden Mitglieder für einen Arbeitskampf votiert. Damit sei die notwendige Zustimmung von 75 Prozent weit übertroffen worden, erläuterte Weselsky. Nach seinen Angaben beteiligten sich 70 Prozent der Mitglieder bei der Deutschen Bahn an der Urabstimmung.

[2][Die GDL will nach den Worten Weselskys] eine Nullrunde im laufenden Jahr nicht akzeptieren, verlangt eine deutliche Coronaprämie und Einkommenssteigerungen von 3,2 Prozent bei einer Laufzeit von 28 Monaten.

Die [3][Bahn] will angesichts von neuen Milliardenverlusten während der Coronapandemie und großen Flutschäden einen länger laufenden Tarifvertrag und spätere Erhöhungsstufen bei gleicher Prozentzahl. Ein Streik wäre eine „Attacke auf das ganze Land“, hatte Bahn-Personalchef Martin Seiler erklärt. Eine Bahn-Sprecherin hatte zudem am Montag gesagt, dass Streiks die Kunden wie Beschäftigte wie ein „Schlag ins Gesicht“ treffen würden.

Notfallplan noch nicht bekannt

Die Bahn hatte am Montag keine Details zu Notfallplänen genannt. Beim letzten GDL-Lokführer-Streik vor sechs Jahren hatte man einen Notfahrplan erstellt, um zumindest etwas Betrieb aufrechtzuerhalten.

Im Fernverkehr konnte etwa ein Drittel der Züge fahren, vor allem auf den Hauptstrecken vom Ruhrgebiet nach Osten sowie von Hamburg nach Süden. Auch im Regionalverkehr und bei S-Bahnen dürfte bei einem Lokführerstreik ein Großteil der Züge ausfallen. Der gestörte Betriebsablauf könnte dann auch bei Konkurrenten der Deutschen Bahn zu Einschränkungen führen.

Neben dem Streit über Einkommenszuwächse tobt im Konzern ein Machtkampf zwischen der GDL und der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Für die GDL sind hohe Tarifabschlüsse für möglichst viele Berufsgruppen und Beschäftigte eine Frage des Überlebens und der künftigen Wachstumsmöglichkeiten.

Denn die Bahn muss das Tarifeinheitsgesetz umsetzen. In den rund 300 Betrieben des Unternehmens soll danach nur noch der Tarifvertrag der jeweils größeren Gewerkschaft zur Anwendung kommen. Meist ist das die EVG. Die GDL hat deshalb angekündigt, der Konkurrenz Mitglieder abjagen zu wollen.

Erster Streik seit 2018

Es ist der erste Streik bei der Bahn seit Dezember 2018, als die EVG ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Weitaus härter verlief der GDL-Streik 2014 und 2015. In acht sich steigernden Wellen legten die Lokführer unter Weselskys Führung die Arbeit nieder und weite Teile des Streckennetzes lahm.

Die EVG hatte schon im vergangenen Herbst einen Tarifabschluss mit der Bahn unterschrieben. Dieses Jahr gab es eine Nullrunde. Anfang 2022 erhalten die Beschäftigten 1,5 Prozent mehr Geld. Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen.

10 Aug 2021

LINKS

[1] /GDL-Chef-Claus-Weselsky-ueber-Tarifstreit/!5787004
[2] https://www.gdl.de/Aktuell-2021/Podcast-1623237545
[3] https://www.deutschebahn.com/de/presse/suche_Medienpakete/Informationen-zur-aktuellen-Tarifrunde-bei-der-Deutschen-Bahn-5957978

TAGS

Deutsche Bahn
Streik
GDL
Streik
Reisen
Deutsche Bahn
GDL
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Auswirkung des Bahnstreiks in Berlin: Sie kommt, sie kommt nicht…

Vom Streik sind auch S-Bahn und Regionalverkehr betroffen. Viele Züge fallen aus, Linien verkehren unregelmäßig und kürzer.

Streik bei der Bahn: Nerven sägen ist das Mittel

Ein Bahnstreik ausgerechnet in der Urlaubszeit schmerzt die Reisenden besonders. Doch der Streik ist legitim und die Forderungen sind nicht überzogen.

Deutsche Bahn in der Dauerkrise: Schuldenberg wird immer größer

Im Fernverkehr fährt der Staatskonzern einen Verlust von mehr als 1 Milliarde Euro ein. Das liegt nicht nur an Corona.

GDL-Chef Claus Weselsky über Tarifstreit: „Wir müssen klare Signale setzen“

Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn bereitet sich die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer auf einen Streik vor. Der Vorsitzende Weselsky gibt sich kämpferisch.

Verfahrener Tarifkonflikt bei der Bahn: Der Zug rollt

… aber in welche Richtung? Die Chancen stehen schlecht, dass sich Bahnvorstand und Lokführergewerkschaft einigen und ein Arbeitskampf vermieden wird.