taz.de -- Hansis geheimes Tagebuch (1): Die Jérôme-Frage
Dem künftigen Bundestrainer über die Schulter geschaut: Über die Zukunft von Mats Hummels und das Glück, von Brazzo weg zu sein.
Montag, 14. Juni
Toll, wie der Alaba gestern beim Österreich-Spiel agiert hat. Dem Arnautović einfach [1][den Mund zuhalten]! So ist der David, so kenne ich ihn von den Bayern, so ist er auch am Ball: Der weiß immer schon vorher, was kommt, und handelt entsprechend! Ein Weltklasseverteidiger – sogar gegen den eigenen Stürmer. Schade, dass David Österreicher ist. Den würde ich gerne in die Mannschaft holen. Den und den Jérôme. Da würde der Brazzo dumm gucken.
Dienstag, 15. Juni
Habe noch schnell dem Jogi eine Whatsapp geschickt. „Viel Glück!“, habe ich geschrieben. Zuerst wollte ich ihm „Viel Erfolg!“ wünschen. Aber wenn der Erfolg hat und den Titel holt, wird’s ja im Sommer für mich umso schwerer. Jetzt steht da also „Viel Glück“. Glück soll der Jogi ja wirklich haben. War ja früher mal ein Großer.
Muss mich beeilen. Der Jogi hat mir ja beim DFB Karten hinterlegen lassen, damit ich mir das alles im Stadion angucken kann. Ein Netter ist der Jogi ja immer noch.
Liebes Tagebuch, melde mich später noch mal, [2][nach dem Spiel].
Dienstag, 15. Juni, abends
Hummels! Jogi wollte ihn ja nicht. Umbruch, Neuanfang, stimmt ja alles. Hummels sortiere ich gleich aus, wenn ich meinen Umbruch, meinen Neuanfang organisiere. Die Chance, ihn ohne Gemecker auszusortieren, lasse ich mir nicht entgehen. Aber was mache ich mit Jérôme?
Hoffentlich begegnet mir kein Reporter. „Was hätten Sie anders gemacht, Herr Flick?“ Das kann ich nun gar nicht gebrauchen. „War es richtig, Kimmich rechts zu stellen, Hansi?“ Was weiß denn ich!
Ach egal, meinetwegen darf mir auch heute Abend noch ein Journalist begegnen. Nach Jérôme wird mich schon keiner fragen, so viel Ahnung von Fußball hat ja von denen keiner. Diese selbsternannten Experten.
Mittwoch, 16. Juni
Habe gut geschlafen, auch wenn ich wegen der Jérôme-Frage lange wach blieb. Wäre das wirklich ein Neuanfang?
Das 0:1 ist ärgerlich für Jogi. Aber heute sieht die Welt anders aus: Vielleicht ist es für alle das Beste. Es war ja schließlich der Weltmeister. Und was Pogba und Mbappé können, hat man ja gesehen. Sogar Brazzo konnte das sehen. Vielleicht.
Außerdem: Das 0:1 nimmt den Druck aus dem Team, der Jogi kann jetzt ruhiger planen. Und ich übernehme nach der EM keine Übermannschaft. „Über Jahre unschlagbar, tut mir leid für den Rest der Welt“, hat der Franz ja 1990 nach der WM gesagt. So ein Geschwätz würde mir auch grade noch fehlen. Bin ich froh, dass ich die Bayern los bin.
22 Jun 2021
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