taz.de -- Siebter globaler Klimastreik: „Verkehrspolitik ist Riesenthema“

Die Bundesregierung macht ungesehen Dinge, die sehr klimaschädlich sind, sagt Klimaaktivistin Maira Kellers. Und die Energiewende sei zu langsam.
Bild: Kann auch ein Resultat des Klimawandels sein: Extreme Wintereinbrüche

taz: Maira Kellers, durch die Coronapandemie ist der Klimabewegung ihre schärfste Klinge genommen worden: der Massenstreik auf der Straße. Was hatte das für Konsequenzen?

Maira Kellers: Wir haben unsere Hauptaktionsform verloren, aber wir haben versucht, möglichst viel digital Präsenz zu zeigen, und ich glaube, das hat auch echt ganz gut geklappt.

Der Streik hat im Netz stattgefunden?

Wir haben uns in Telefonkonferenzen getroffen und Schilder gemalt, die dann alle in die Kamera gehalten und auf Instagram und Twitter gepostet. Davon sind wir aber irgendwann abgekommen und haben uns einfach viel auf Pressearbeit fokussiert. Wir haben Gespräche mit Politiker*innen gesucht und irgendwann haben Greta und Luisa (Thunberg und Neubauer, Anm. d. Red.) mit Frau Merkel geredet. So etwas gab es immer wieder. Jetzt fangen wir auch wieder an, auf die Straße zu gehen.

Ist klimapolitisch im letzten Jahr genug passiert?

Ich hatte mir erhofft, dass es mehr gewesen wäre. Unsere Regierung macht ungesehen Dinge, die total klimaschädlich sind und gar nicht 1,5-Grad-konform. Es gibt sogar Studien darüber, dass, wenn jetzt diese sieben Dörfer abgebaggert werden, das 1,5-Grad-Ziel wirklich nicht mehr einhaltbar ist für Deutschland. 30 Minuten mit dem Zug von mir entfernt wird da gerade global entschieden, ob wir an diesen Kipppunkt geraten oder nicht.

Zum Beispiel?

Beim Tagebau Garzweiler, wo ich momentan super viel bin, sollen [1][sieben Dörfer abgebaggert werden]. Da verlieren die Menschen, die dort wohnen, ganz direkt ihr Zuhause. Zugleich sind Menschen im Globalen Süden immer stärker den Folgen des durch die Kohleverbrennung forcierten Klimawandels ausgesetzt.

Die Bewegung hat die Bundestagswahl zur Klimawahl ausgerufen. Welche Themen müssen in den Wahlprogrammen der Parteien stehen?

Die Energiewende, die wir dringend brauchen und die zu langsam ist. Und Verkehrspolitik ist, glaube ich, [2][ein Riesenpunkt]. Wir in Köln haben zum Beispiel auch unseren Streik am Freitag mit dem Thema „autofreie Innenstadt“ geframt. Wir dürfen nicht weiter Emissionen über einen motorisierten Individualverkehr ausstoßen, sondern müssen dringend auf einen kostenlosen, für alle zugänglichen und flexiblen ÖPNV umsteigen, um eine klimagerechte Verkehrswende hinzubekommen und damit das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

19 Mar 2021

LINKS

[1] /Erweiterung-von-Garzweiler-II/!5714911
[2] /Volkswagen-klimaschaedllicher-als-erlaubt/!5754799

AUTOREN

Celine Weimar-Dittmar

TAGS

IG
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimaproteste
Schwerpunkt Klimawandel
Verkehrswende
Kiel
Schwerpunkt Fridays For Future
Indien
IG
CO2-Emissionen

ARTIKEL ZUM THEMA

Umweltbundesamt listet Maßnahmen auf: Spritpreise, Tempolimit, Maut

Im Verkehrssektor muss massiv nachgesteuert werden, so das Umweltbundesamt. Es legt Vorschläge für die Koalitionsverhandlungen vor.

Anti-Autobahn-Aktionstag gegen die A14: Es gibt kein ruhiges Hinterland

Der Protest gegen den Bau der A14 flammt neu auf. Die Klimabewegung will am Sonnabend in Wittenberge demonstrieren.

Mobilitätswende in Kiel: Die Rückkehr der Straßenbahn

Das einzige öffentliche Verkehrsmittel in Kiel ist der Bus. Deshalb soll es wieder eine Straßenbahn geben. Das ist dringend nötig.

Siebter globaler Klimastreik: Von Asien bis zur Arktis

Beim siebten globalen Klimastreik protestieren wieder viele Menschen für mehr Klimaschutz – trotz Pandemie. Ein Überblick.

Klimastreik in Indien: Mit Schuhen für den Klimaschutz

Von Delhi bis in die kleinen Dörfer: Jung und Alt wollen in ganz Indien protestieren. Sie alle sind von Umweltzerstörung betroffen.

Fridays for Future: Mehr Macht als gedacht

Im Superwahljahr 2021 werden die jungen Klima-Aktivist*innen zu einem entscheidenden Faktor. Da geht es um Stimmen und weniger um Zahlen bei Demos.

Auswirkungen der Coronakrise: Weniger Emissionen

Der Ausstoß von Treibhausgasen ist in Deutschland gesunken wie noch nie. Doch eine Sparte könnte die Werte nach der Pandemie wieder hochtreiben.