taz.de -- Coronamythen und Fakten (2): „Masken sind gefährlich“

Entgegen vielen Behauptungen tragen Masken ganz erheblich zur Eindämmung der Coronapandemie bei. Wichtig ist dabei aber die korrekte Nutzung.
Bild: Die Maske im Pop Art Style schützt, wenn sie korrekt getragen wird

US-Präsident Donald Trump hat das Tragen von Masken zu einer ideologischen Frage gemacht. Viele seiner Anhänger*innen laufen daher demonstrativ ohne Schutz vor Mund und Nase herum. So aufgeladen ist die Maskendebatte hierzulande nicht. Und doch gibt es auch in Deutschland einige, die nicht nur die Sinnhaftigkeit der Maskenpflicht infrage stellen, sondern das Tragen von Masken gar für gefährlich halten.

Zu dieser Skepsis hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) selbst beigetragen. Obwohl spätestens seit dem Frühsommer genug medizinische Masken vorhanden waren, hielt sie zunächst weiter an ihrer Empfehlung fest: Nur medizinisches Personal und kranke Menschen sollten den Mund-Nasen-Schutz tragen. Dabei war zu diesem Zeitpunkt längst erwiesen, dass Aerosole ein Hauptübertragungsweg des Coronavirus sind.

Aerosole sind kleinste virushaltige Schwebeteilchen, die beim Sprechen, Husten und Niesen abgegeben werden. Diese Aerosole können andere einatmen, die sich mit den enthaltenen Viren möglicherweise dann infizieren. Insbesondere in geschlossenen Räumen ohne ausreichende Belüftung ist die Ansteckungsgefahr daher groß. Das Tragen von Masken kann die Virusmenge reduzieren, die der Infizierte abgibt, und demjenigen Schutz bieten, der noch nicht infiziert ist.

Ein Forscherteam um den Kanadier Derek Chu hat auf der Basis von fast 26.000 Teilnehmer*innen 172 Studien ausgewertet und ist der Frage nachgegangen, wie wirksam medizinische Masken vor einer Ansteckung schützen. Aus dieser Arbeit, [1][die im Wissenschaftsmagazin The Lancet erschien], geht hervor, dass FFP2-Masken bis zu etwa 95 Prozent virusbeladene Aerosole herausfiltern.

Viren, eingeschlossen in Tröpfchen und Aerosole

Zwar sind die Viren mit einer Größe von 0,06 bis 0,14 Mikrometer kleiner als die Poren einer FFP2-Maske. Doch die Viren fliegen nicht einfach durch die Luft, sondern sind meist in Tröpfchen und Aerosolen eingeschlossen, die um ein Vielfaches größer sind und nicht durch die Maske hindurchpassen. Chu und sein Team kommen zu dem Ergebnis: Vorausgesetzt, FFP2-Masken werden eng anliegend getragen, bieten sie einen sehr hohen Schutz.

Die selbstgenähte Maske bietet zwar weniger Schutz als OP- oder FFP2-Masken, ist dennoch nicht nutzlos, wie eine [2][Studie über den „Sonderweg Jena“] zeigt. In Jena wurden während der ersten Welle Schutzmasken drei Wochen früher als in anderen Städten eingeführt. Das Ergebnis: Das Infektionsrisiko lag dort um rund 45 Prozent niedriger.

Und was ist an den Behauptungen dran, das Tragen einer Maske schütze nicht, sondern erhöhe das Risiko einer Infektionen gar? Hygieniker*innen weisen daraufhin, Masken sollten nur mit sauberen Händen auf- und abgesetzt und während des Tragens gar nicht angefasst werden. Ansonsten bestehe tatsächlich die Gefahr, dass man sich mit kontaminierten Händen in die Augen fasst und sich auf diese Weise ansteckt.

Die Angst, unter einer Maske könne sich zu viel Kohlendioxid ansammeln und Träger*innen vergiften, ist [3][hingegen unbegründet]. Sofern man nicht unter einer Atemwegserkrankung leidet, kommt auch bei medizinischen Masken immer noch so viel Luft durch, dass es für die benötigte Sauerstoffzufuhr ausreicht.

17 Dec 2020

LINKS

[1] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31142-9/fulltext
[2] https://www.pnas.org/content/early/2020/12/02/2015954117
[3] https://www.atsjournals.org/doi/10.1513/AnnalsATS.202007-812RL

AUTOREN

Felix Lee

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