taz.de -- Republik Moldau: Großdemo für Neuwahlen

Zehntausende haben in Moldau für den Rücktritt der Regierung demonstriert. Zuvor hatte das Parlament die Macht der künftigen Präsidentin eingeschränkt.
Bild: Großdemo von Unterstützer*innen der designierten Präsidentin Maia Sandu am Sonntag in Chisinau

Chisinau afp/dpa | Zehntausende Demonstranten haben am Sonntag in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau den Rücktritt der Regierung und vorgezogene Neuwahlen gefordert. „Nieder mit den Dieben, nieder mit der Korruption!“, skandierten sie vor dem Parlament in der Hauptstadt Chisinau, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten.

Die künftige pro-europäische Präsidentin [1][Maia Sandu] hatte zu der Demonstration aufgerufen, nachdem das Parlament am Donnerstag ihre Macht mit einem Gesetz eingeschränkt hatte.

Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass das Ministerium für Sicherheit und Information nicht mehr wie bisher der Präsidentin, sondern künftig dem Parlament unterstellt ist. Das Abgeordnetenhaus wird von der Partei der Sozialisten dominiert, die den pro-russischen, noch amtierenden Präsidenten Igor Dodon unterstützt.

Organisatoren des Protests sprachen von mehr als 50.000 Teilnehmern; Reporter der AFP bestätigten die Teilnahme von mehreren zehntausend Menschen. Die Demonstranten trugen demnach Masken zum Schutz vor dem Coronavirus. Hunderte Sicherheitskräfte bewachten laut den AFP-Journalisten den Sitz der Regierung.

Designierte Präsidentin strebt Parlamentsmehrheit an

Die 48-jährige Sandu hatte am 15. November als erste Frau in der Geschichte des Landes die Präsidentenwahl gewonnen – mit 57,7 Prozent der Stimmen. Der russlandfreundliche bisherige Präsident Igor Dodon muss bis 23. Dezember das Amt abgeben. Sandu fordert eine Neuwahl, weil sie auf eine prowestliche Mehrheit im Parlament hofft.

„Igor Dodon will seine Niederlage nicht eingestehen. Er will das Land in Brand stecken, Chaos provozieren“, sagte Sandu auf der Demonstration am Sonntag. Im Wahlkampf hatte sie versprochen, gegen Korruption in dem kleinen Land zu kämpfen, das zwischen Rumänien und der Ukraine liegt.

Die „Koalition der Diebe und Banditen“ müsse beendet werden, sagte Sandu mit Blick auf das von Dodons Unterstützern kontrollierte Parlament. Die in den USA ausgebildete Ökonomin will gegen Korruption kämpfen und Reformen bei Justiz und Rechtsstaatlichkeit durchsetzen.

Spaltung in pro-westlich und pro-russisch

Die Republik Moldau ist politisch zwischen einem pro-russischen und einem pro-europäischen Lager gespalten. Dodon, der offen von Russland unterstützt wird, ist seit 2016 Präsident. Moldau ist mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern eines der ärmsten Länder Europas.

Angesichts des russischen Einflusses zeigte sich Sandu aber auch bereit zu Gesprächen mit Moskau. Sie selbst hatte nach ihrem Sieg auf Russisch gesagt, dass sie kämpfen wolle gegen jene Kräfte, die versuchten, das Land zu spalten.

Bei der Kundgebung gab es russischsprachigen Medien zufolge viele moskaufeindliche Parolen. [2][Das völlig verarmte und krisengeschüttelte Land] mit seinem abtrünnigen und von Russland kontrollierten Gebiet Transnistrien wird seit Jahren von Skandalen erschüttert.

6 Dec 2020

LINKS

[1] /Neue-Praesidentin-von-Moldau/!5725349
[2] /Moldau-25-Jahre-nach-der-Unabhaengigkeit/!5355121

TAGS

Republik Moldau
Igor Dodon
Chisinau
Russland
Transnistrien
Champions League
Republik Moldau
Republik Moldau
Republik Moldau
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten

ARTIKEL ZUM THEMA

Außenseiter überrascht Real Madrid: Sheriff in der Champions League

Sheriff Tiraspol gewinnt bei Real Madrid. Was Sie über den wundersamen Neuling der Königsklasse aus Transnistrien alles wissen müssen.

Korruption in der Republik Moldau: All inclusive

Der frühere Präsident Igor Dodon reist mit seiner Familie nach Moskau und Russland zahlt das. Er rechtfertigt den Gratis-Ausflug mit Pandemieregeln.

Wahlsiegerin Maia Sandu in Moldau: Frieden durch Sprachenpolitik

Der prowestliche Kurs von Maia Sandu hat viele Gegner im Land. Die neue Präsidentin sollte besonders auf die Minderheiten im Land zugehen.

Parlamentswahl in Moldau: Prorussische Partei liegt vorne

Der Wahlausgang ist nach Auszählung fast aller Stimmen denkbar knapp. Vertreter aller Parteien haben Betrugsvorwürfe erhoben.

Anti-LGBTI-Kongress in Moldau: „Der Westen“ hört ihnen nicht zu

Der World Congress of Families traf sich dieses Jahr in der Republik Moldau. Das religiös-konservative Netzwerk macht gegen „LGBTI-Propaganda“ mobil.