taz.de -- Fünf Tote und viele Verletzte in Trier: SUV-Fahrer nach Amokfahrt in Haft
Nach der Amokfahrt in Trier gibt es eine Trauerfeier an der Porta Nigra. Der Tatverdächtige könnte laut Polizei an einer psychischen Störung leiden.
Frankfurt am Main taz | Nach der [1][Amokfahrt mit mindestens fünf Toten in Trier] am Dienstag werden immer mehr Details über den mutmaßlichen Täter bekannt. Der Fahrer, den die Polizei unmittelbar nach der Tat festnehmen konnte, habe das Auto im Zickzackkurs durch die Straßen der Fußgängerzone gelenkt, um wahllos möglichst viele Menschen zu treffen, erklärte die Polizei. Bei ihm wurde ein Blutalkoholwert von 1,4 Promille festgestellt.
Nach Behördenangaben hatte der Mann in den letzten Tagen vor der Tat in dem Auto übernachtet, das ihm ein Bekannter überlassen hatte. Es gebe Anzeichen für einen psychiatrischen Fall. Hinweise auf einen organisierten oder politischen Hintergrund der Tat gebe es dagegen nicht. Am Mittwochmittag erließ ein Haftrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl. Ein Vorwurf unter anderen: fünffacher Mord, versuchter Mord und schwere Körperverletzung.
Vom schwärzesten Tag für die Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg sprach Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Bei einer bewegenden Trauerfeier an der Porta Nigra, dem berühmten Stadttor aus der Römerzeit, legten er und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD) am Mittwoch Kränze nieder. „Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht“, erklärte der OB.
Die Ministerpräsidentin, die mit ihrer Familie in Trier wohnt, sagte: „Nichts, wirklich gar nichts kann diese brutale Tat rechtfertigen.“ Um 13.46 Uhr, genau 24 Stunden nach der Tat, läuteten in der ganzen Stadt die Kirchenglocken zum Gedenken an die Opfer und deren Angehörige.
Von einer Schockstarre sprach am Abend nach der Tat der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD). Zusammen mit der Ministerpräsidentin war er am Dienstag an den Tatort gekommen, um den Angehörigen der Opfer beizustehen. Erst bei einer Pressekonferenz am Abend wurde das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich. War den Tag über von mindestens zwei Todesopfern die Rede gewesen, so waren bis zum Abend bereits vier Menschen ihren Verletzungen erlegen. Über Nacht starb eine weitere Person. Mehr als ein Dutzend Verletzte werden noch in Krankenhäusern der Region behandelt. Wie viele von ihnen noch in Lebensgefahr schweben, ist nicht bekannt.
Den Todesfahrer konnte die Polizei schon vier Minuten nach dem ersten auf der Wache eingegangenen Notruf in unmittelbarer Nähe des Tatorts stellen. Bei seiner Festnahme habe er Widerstand geleistet, erklärte die Polizei. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der Mann gegenüber den Ermittlern Aussagen gemacht habe. Ob er dabei auch über seinen Motive gesprochen hat, blieb zunächst unklar.
Wahllos hatte der Mann Menschen, Auslagen und Verkaufsstände umgefahren. In der mit Licht- und Tannengirlanden festlich geschmückten Fußgängerzone bot sich den ErsthelferInnen ein Bild der Verwüstung. Es habe ausgesehen wie nach einem Krieg, sagte OB Leibe, um Fassung ringend, vor Ort. Er dankte den Hunderten HelferInnen für ihren Einsatz. Sie seien an die Grenzen dessen gekommen, was man Menschen zumuten kann, sagte er. Der Limburger Bischof Georg Bätzing zeigte sich erschüttert. „Ich denke an all jene, die dieses Verbrechen aus nächster Nähe erleben mussten.“
2 Dec 2020
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