taz.de -- Gladbach in der Champions League: Schaler Nachgeschmack

Das 2:2 nach 2:0-Führung gegen Real Madrid offenbart einmal mehr Mönchengladbachs große Schwäche. Kurz vor Schluss entgleitet dem Team das Spiel.
Bild: Gladbachs Hannes Wolf ist nach dem Spiel gegen Madrid traurig

Es ist ein intensives Spiel mit einem aufregenden Ende gewesen. Für den berühmten Kollegen aus Madrid hatte [1][Marco Rose] deshalb auf die Schnelle keine Zeit. „Wir haben uns nach dem Schlusspfiff erst mal um unsere Mannschaften gekümmert“, berichtete Gladbachs Trainer nach dem 2:2 gegen Real, mit zwei späten Treffern des spanischen Meisters. Kontakt zu [2][Zinédine Zidane] habe er vor allem vor der Partie gehabt. „Ich habe ihn herzlich willkommen geheißen in Mönchengladbach“, erzählte Rose. „Insgesamt hatten wir nicht so viel Zeit zum reden – aber vielleicht finden wir die in Madrid.“

Der zwischenmenschliche Wunsch für das Rückspiel am 9. Dezember steht für den gebürtigen Leipziger also fest. Doch der 44-Jährige hat nach den ersten Spielen in der Champions League, mit zwei Unentschieden gegen die kontinentalen Hochkaräter Inter Mailand (2:2) und Real, auch einen klaren sportlichen Plan. „Wir sind da, wir sind angekommen. Die Gruppe ist eng, dabei wollen wir es so lange wie möglich belassen“, betonte er.

Allerdings mussten die Gladbacher erneut mit dem schalen Nachgeschmack später Gegentore ins Bett kriechen. Sechs Tage zuvor in Mailand raubte ihnen Inters agile Offensivgewalt Romelu Lukaku in der 90. Minute den Sieg. Nun versetzten ihnen die Königlichen kurz vor Feierabend durch Karim Benzema und Casemiro gleich zwei Nackenschläge.

„Wir haben an uns geglaubt. Ich bin überzeugt, dass wir die Gruppenphase überstehen“, betonte Real-Coach Zidane anschließend. Die Gladbacher fabrizierten angesichts ihrer bisherigen Ausbeute in Europas Meisterklasse dagegen einen Gefühlsspagat irgendwo zwischen Stolz und Bitterkeit. „Wir haben ein gutes Spiel gemacht und die kleinen Schwächen, die Real hat, gut ausgenutzt. Aber die Schlussphase ist ärgerlich. Das ist uns jetzt zum zweiten Mal passiert, daran müssen wir arbeiten“, meinte Torwart Yann Sommer.

Den Niederrheinischen geht die Puste nicht nur auf europäischer Bühne regelmäßig aus, sondern auch in der Liga. Zwar drehten sie zuletzt beim 3:2 in Mainz die Partie zu ihren Gunsten. In den 1:1-Heimspielen gegen Union Berlin und Wolfsburg brachte Roses Ensemble seinen Vorsprung aber jeweils nicht ins Ziel. „Den Gedanken, dass wir zu grün sind für Europa, würde ich nicht stehen lassen. Wir haben auch in der Bundesliga schon spät Punkte abgegeben“, sagte Rose dazu, der das gegen Real Erlebte als „maximal bitter“ bezeichnete, und für dessen Team es jetzt mit höchster Schlagzahl weitergeht.

Am Samstag gastiert mit Leipzig, dem Königsklassenhalbfinalisten vom August, ein Team von ähnlicher Qualität wie Inter oder Real im Borussia-Park. Drei Tage später geht es in Kiew gegen Donezk – die Mannschaft, zu der Rose („Wir könnten jetzt sechs oder vier Punkte haben.“) gerade etwas neidisch festhielt: „Schachtjor hat gegen Real das dritte Tor gemacht – wir haben es verpasst. Dort geht es nächste Woche um einiges.“

Am darauffolgenden Sonntag treten die Gladbacher dann beim ambitionierten rheinischen Konkurrenten Leverkusen an. Ein strammes Programm, in das der Rautenklub die Enttäuschung aus dem Duell mit Madrid mitnimmt. „Wir hatten Real wirklich in der Schlinge“, seufzte Keeper Sommer. „Wir hatten sie am Haken“, stimmte sein Trainer in das Klagelied mit ein. Auf das „Quäntchen Glück“, das Rose als mögliche Medizin gegen finale Offensivstürme à la Real vorsichtig ins Spiel brachte, sollte die Borussia künftig allerdings nicht primär bauen.

Tauglicher ist der Vorschlag von Christoph Kramer, dem das Remis gegen Madrid „wie eine Niederlage“ vorkam. „Ab der 80. Minute müssen wir es nach vorne sauber zu Ende spielen, dann können wir den Sack zumachen“, forderte er. Ganz ähnlich beurteilte Marcus Thuram diesen Makel bei der Fohlenelf. „Wir wissen, dass große Teams niemals vor dem Ende aufhören zu spielen“, sagte Borussias Doppeltorschütze. „Wir haben zwei späte Gegentore kassiert. Ich hoffe“, fügte der französische Angreifer hinzu, „dass wir aus unseren Fehlern lernen und uns in den nächsten Spielen verbessern.“

28 Oct 2020

LINKS

[1] /Gewalt-auf-dem-Fussballplatz/!5637330
[2] /Real-Madrid-im-Alarmzustand/!5720537

AUTOREN

Andreas Morbach

TAGS

Fußball
Champions League
Borussia Mönchengladbach
Gladbach
Fußball
Nations League
Champions League
Luis Suárez
Fußball

ARTIKEL ZUM THEMA

Fußball-Erstligist Gladbach in der Krise: Zeit für Korrekturen

Seit der Verkündung von Marco Roses Abschied verliert Gladbach nur noch. Gegen Schalke soll nun ein Sieg her – ein neues Ziel ist schon vor Augen.

Gruppenfinale in der Champions League: Wie die Kleinen

Real Madrid muss gegen Mönchengladbach gewinnen. Anderfalls droht nach blamablen Auftritten das Aus schon in der Gruppenphase.

Spanien vor dem Spiel gegen DFB-Elf: Immer wieder neue Baustellen

Bei Spanien läuft es nicht, das liegt nicht nur an Sergio Ramos’ vergeigten Elfmetern. Entscheidende Spiele hat die Auswahl lange nicht mehr gewonnen.

Real Madrid im Alarmzustand: Lahme Senatoren

Real Madrid weist bei der Pleite gegen Donezk starke Krisensymptome auf. Trainer Zinédine Zidane wird vor dem Duell gegen Barça bereits angezählt.

Neues Glück für Luis Suárez bei Atlético: Bad Boy zeigt Klasse

Atlético Madrid und Luis Suárez passen bestens zusammen. Der FC Bayern, Gegner am Mittwoch, ist maßgeblich für die Verbindung verantwortlich.

Champions-League-Pleite des BVB: Ratlos in Rom

Dortmund enttäuscht bei Lazio Rom. Wieder bleibt das Team weit unter seinen Möglichkeiten – zur Genugtuung eines ehemaligen Borussia-Stürmers.