taz.de -- Schulstart trotz Corona in Großbritannien: Rückkehr der Ängste

Fördern Schulen immer die mentale Gesundheit von Kindern? Mehrere Studien kommen zu teils sehr differenzierten Ergebnissen.
Bild: Stühle hoch, Mobbing weg: Grundschule von Watlington, England

London taz | Eins der Hauptargumente für die Wiedereröffnung der Schulen in Großbritannien ist die mentale Gesundheit der Kinder. Nicht in die Schule gehen, würde langfristig geistige und körperliche Probleme wahrscheinlicher machen, behauptete Großbritanniens medizinischer Regierungsberater Chris Whitty.

Die unabhängige englische Kinderkommissarin Anne Longfield zitierte in ihrer eigenen Empfehlung der Wiederöffnung von Schulen eine Studie der Universität Oxfords, die während des [1][britischen Lockdowns] durchgeführt wurde. Erziehungsberechtigte haben hier unter Grundschüler*innen einen Anstieg an emotionalen Schwierigkeiten, Verhaltensstörungen, Ruhelosigkeit und gesunkener Aufmerksamkeit bemerkt.

Eine Studie des britischen wissenschaftlichen Verbundes EBPU warnte bereits im Mai vor den Konsequenzen des Lockdowns für Kinde, und berief sich dabei auf Studien aus China, die von Massentraumata und PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) sprachen. Doch das Gesamtbild der Konsequenzen der Schulschließungen für Kinder ist komplexer.

So lässt sich in der obengenannten Oxfordstudie nachlesen, dass es unter Kindern in den Mittel-und-Oberschulen während des Lockdowns zu einer Verringerung emotionaler Schwierigkeiten gekommen ist, und das selbst bei Kindern mit Lernstörungen. Einen Anstieg bei Verhaltensstörungen gab es lediglich unter Kindern, die Haushalten höherer Einkommensklassen angehörten. Das jedoch wurde nicht weiter erläutert.

Weniger Angst

Eine andere Studie der School for Public Health Research (NIHR) bemerkte zudem eine Verringerung von Angstgefühlen während des Lockdowns. Unter Kindern, die vor der Pandemie einen niedrigenGrad an Wohlbefinden angegeben hatten, stieg das Wohlbefindlichkeitsgefühl sogar markant um zehn Punkte an.

Gleiches wurde auch bei Kindern festgestellt, die sich weniger als Teil der Schule, der Schulgemeinschaft oder ihrer Familien fühlten. Bei LGBTQ-Kindern und bei jenen, die bereits zuvor unter mentalen Schwierigkeiten litten, war die Quote dieser lockdownbedingten Verbesserungen niedriger.

Als Gründe dafür werden der weggefallene akademische Druck und das Fehlen von Mobbing genannt. Den wieder geöffneten Schulen empfehlen die Wissenschafler*innen, sich mehr mit Kindern zu befassen, die sich ausgegrenzt fühlen oder bereits vor der Pandemie unter verstärkten Angstgefühlen gelitten hätten.

3 Sep 2020

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AUTOREN

Daniel Zylbersztajn

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