taz.de -- Der erste Tag mit der Corona-App: Im Kampfmodus
Wie geht das mit der neuen Corona-Tracing-App? Wenn man sie erstmal gefunden hat im App-Laden, ganz gut: Man mag gleich ein paar Datenspuren legen.
Berlin taz | Gemeinsam Corona bekämpfen“, begrüßt mich die App. Stimmt ja, da war ja was, together against Corona, wie auch diese automatische Bandansage auf den S-Bahnsteigen immer so trocken-blechern in wunderbarem DB-Englisch aus den Lautsprechern scheppert. Thank you for reminding us today, und gerne doch!
Die Motivation ist also durchaus vorhanden meinerseits, auch wenn mir der Switch in den Kampfmodus am Dienstagmorgen nicht leicht gemacht wird. Seit zwei Uhr in der Nacht kann man sie herunterladen, jetzt ist es halb zehn. Doch im Android-App-Laden angekommen, gibt es viele, viele Ergebnisse, wenn ich das naheliegende Suchwort „Corona“ eingebe: „Coronika“ wird mir vorgeschlagen, „Dein [1][Corona-Tagebuch]“. Nein, aber danke. Dann gibt's noch den „Covid19 Symptom Tracker“, und das „Corona Check Screening“. Ich kann auch beim Robert-Koch-Institut eine „Corona-Datenspende“ hinterlassen, wie immerhin schon 100.000+ UserInnen vor mir es getan haben.
Nee, sagt die Kollegin, alles falsch, ich bräuchte die „Corona-Warn-App.“ Es hat dann noch ein Weilchen gedauert, ich mach's aber kurz, der richtige Suchbegriff lautete „RKI“. Ist nicht so weit weg, aber auch nicht so richtig logisch. Vielleicht war es auch ein Intelligenztest des App-Ingenieur-Teams, ob man fleißig Nachrichten geschaut hat, und weiß, wer die Tracing-App „für die gesamte Bundesregierung“, wie es im App-Text lustig-falsch heißt, veröffentlicht hat. Falls ja, dann: Applaus.
Ein Interesse, diese App möglichst niedrigschwellig anzubieten, ist jedenfalls seitens der gesamten Bundesregierung vorhanden (und später am Mittag geht's tatsächlich auch mit dem Suchwort „corona“). Auch wenn der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sich nicht genau darauf festlegen will, wie viele Millionen Menschen in Deutschland genau beim freiwilligen Spurenlegen mitmachen müssen – viele sollten es idealerweise schon sein, wie er auf einer Pressekonferenz am Dienstag sagte.
Was sagt Oxford?
60 Prozent wären toll, hat eine Studie der Universität Oxford unlängst behauptet, in Berlin wären das – Kinder, und ältere, tendenziell smartphonelose Menschen eingeschlossen, rund 2,2 Millionen. Klugerweise hält der Gesundheitsminister schon mal vorsorglich nichts von dieser Studie, wie er ebenfalls am Dienstag sagte.
Angesichts der desolaten Personalsituation in vielen bezirklichen Gesundheitsämtern in Berlin wäre dann ohnehin noch diese Frage: Wer sich eigentlich um die potenziell vielen kümmert, die von ihrer App ein „erhöhtes“ Risiko bescheinigt bekommen, weil sich ihr Smartphone für eine gewisse Zeit in einer bestimmten Distanz zu einem anderen Smartphone aufgehalten hat, das einer Person gehört, die sich als Corona-positiv gemeldet hat.
Da kann man vermutlich den MitarbeiterInnen in den Ämtern nur wünschen, dass die Zahl der Neuinfektionen so niedrig bleibt, wie sie laut der Corona-Warn-Ampel des Senats gerade ist.
Mein Risiko ist übrigens noch „unbekannt“, sagt mir die App, es seien noch nicht genug [2][Daten gesammelt]. Ich gehe jetzt mal eine Runde um den Block, ein paar Datenspuren legen.
16 Jun 2020
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