taz.de -- Deutschlands Klimaziele: Kein Grund zur Entspannung
Das Klimapaket ist gar nicht so schlecht, wie Zahlen belegen. Doch dass in einzelnen Sektoren viel zu wenig passiert, stimmt leider auch.
Es ist eine doppelte Botschaft, die von den jüngsten Gutachten zum Klimapaket ausgeht, das die Bundesregierung im letzten Jahr auf den Weg gebracht hat: Zum einen zeigen die Zahlen, dass manche Kritik an den Beschlüssen überzogen war. Wenn seriöse Berechnungen ergeben, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 51 bis 52 Prozent sinken werden, ist das zwar weniger als die geplanten 55 Prozent – aber es ist keine „Luftnummer“ und kein „[1][Komplettversagen]“, wie viele KlimaaktivistInnen kritisieren.
Ein Grund zur Beruhigung sind die neuen Zahlen aber keineswegs. Denn zum einen zeigen sie, dass sich in vielen Sektoren viel zu wenig bewegt, vor allem im Verkehr, aber auch bei Gebäuden und Landwirtschaft. Ob es hier gelingt, wie angekündigt nachzusteuern, ist offen. Dass sich das CDU-geführte Wirtschaftsministerium noch nicht mal getraut hat, hier, wie zunächst geplant, durch ein gemeinsames Pressegespräch mit dem Umweltressort den Druck auf die zuständigen KollegInnen zu erhöhen, macht nicht gerade Mut.
Zum anderen ist auch in den übrigen Sektoren beileibe nicht alles gut. Denn die Berechnungen beruhen darauf, dass die Regierung alle im Klimapaket angekündigten Maßnahmen auch tatsächlich umsetzt. Davon ist aber aktuell wenig zu sehen – der [2][Ausbau der Windenergie] etwa, der für das Erreichen der Klimaziele deutlich zulegen muss, wird von Teilen der Unionsfraktion weiter blockiert. Solange sich das nicht ändert, sind alle Klimaversprechen nichts wert.
Zudem ist das Fast-Erreichen des 2030-Ziels keine wirklich gute Nachricht, weil dieses ohnehin viel zu niedrig ist. Um die deutschen Emissionen wirklich mit dem [3][Klimaziel von Paris] in Einklang zu bringen, müssten sie viel schneller sinken als von der Bundesregierung derzeit geplant. Die notwendige Verschärfung des Ziels wird viele zusätzliche Maßnahmen erfordern. Dass diese Regierung dazu die Kraft hat, scheint zweifelhaft. Doch alles, was sie tut, komplett zu verdammen, ist auch keine hilfreiche Strategie.
5 Mar 2020
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Verhandlungen zum weiteren Ausbau von Windrädern sind gescheitert: Die Union besteht auf einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnhäusern.
Unternehmen fordern vor Bund-Länder-Gipfel stärkeren Ökostrom-Ausbau. Der wird derzeit von der Unionsfraktion blockiert.
Die EU will durchgreifen. Wegen zu hoher Emissionen sollen auf Autobauer schon 2021 Strafzahlungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro zukommen.
Das EU-Klimagesetz hat viele Schwächen. Positiv ist aber, dass die grüne Null bis 2050 Staaten und Investoren mächtig unter Druck setzt.
Bald könnte Verdi erstmals bundesweit zu einem großen Streik im öffentlichen Nahverkehr aufrufen. Fridays for Future unterstützt die Gewerkschaft.
Offshore-Anlagen sind ein zentraler Baustein der Energiewende. Doch die Anlagen nehmen sich den Wind weg, sagt eine bislang unveröffentlichte Studie.