taz.de -- Staatsgeld für Thomas-Cook-Pleite: Billig kommt uns teuer

Es schafft Unbehagen, wenn der Bund einspringt, wo ein Konzern versagt hat. Vor allem angesichts der Gründe für die Hilfsbereitschaft.
Bild: Nach der Thomas Cook Pleite im September: Reisende auf dem Flughafen von Mallorca

Pauschalreisende, die bereits den Osterurlaub [1][beim insolventen Reiseveranstalter Thomas Cook] gebucht haben, können entspannen: Die Bundesregierung wird Kosten, die Kunden bereits entrichtet haben und die nicht vom Versicherer des Veranstalters ausgeglichen werden, ersetzen. Hunderte Millionen Euro könnten das sein. Risiken werden verstaatlicht, Gewinne privatisiert – die Parallele zum Rettungspaket für die Banken drängt sich auf. Aber wer will es einfachen Urlaubern missgönnen, ohne Verlust aus der Insolvenz eines Big Players des Tourismus herauszukommen?

Niemand. Dennoch drängt sich Unbehagen auf, wenn der Bund einspringt, wo ein Konzern versagt hat. Noch im September wurde in der Konzernzentrale von Thomas Cook Zuversicht verbreitet. Bedenken wurden mit dem Hinweis auf die Absicherung durch den Insolvenz-Versicherungsschein abgetan. Doch die Begrenzung der Haftungssumme auf 110 Millionen Euro deckt den Schaden, [2][auf dem vor allem Reisende und Hoteliers sitzen bleiben], bei Weitem nicht.

In der Pflicht sieht sich die Bundesregierung nicht etwa, weil es ein Recht auf unbeschadeten Urlaub gäbe oder weil sie Tausende langjährige Rechtsstreitigkeiten vermeiden will. Die Entschädigung in Millionenhöhe ist ein Schuldbekenntnis, weil eine EU-Richtlinie vom Bund nur halbherzig umgesetzt wurde. Die Pauschalreiserichtlinie der EU schreibt vor, dass jeder Reiseveranstalter seine Kunden gegen die eigene Insolvenz absichern muss.

Die Bundesregierung ist bei der Umsetzung dieser Richtlinie der Preisdumping-Mentalität der Reisekonzerne entgegengekommen. Sie hat durch gedeckelte Haftungssummen den Reisekonzernen niedrigere Versicherungsprämien beschert. Die Summe von 110 Millionen reicht bei großen Konzernen – wie sich jetzt bei Thomas Cook zeigt – bei Weitem nicht aus.

Diese unternehmensfreundliche Kostensenkungsmentalität ist unverantwortliches politisches Geklüngel. Mitgegangen, mitgehangen. Die Bundesregierung sollte für die zukünftige Absicherung von Pauschalreisen umgehend eine höhere Haftsumme von den Reiseveranstaltern einfordern.

12 Dec 2019

LINKS

[1] /Reiseveranstalter-wird-eingestellt/!5640271
[2] /Die-grosse-Vertrauenskrise-beim-Reisen/!5628166

AUTOREN

Edith Kresta

TAGS

Thomas Cook
Insolvenz
Urlaub
Banken
Aufgeschreckte Couchpotatoes
Whaakari
Thomas Cook
Thomas Cook

ARTIKEL ZUM THEMA

TourismWatch beleuchtet Hintergründe: Kampf gegen Windmühlen

Der Newsletter TourismWatch ist ein kritische Auseinandersetzung mit dem Tourismus. Und eine Plattform für internationale NGOs.

Die Wahrheit: Katastrophenkarikatur

Neues aus Neuseeland: Die Südsee wird immer wieder von Katastrophen heimgesucht. Offene Vulkane, ausbrechende Kinderkrankheiten und anderes.

Reiseveranstalter wird eingestellt: Endgültiges Aus für Thomas Cook

Vor knapp zwei Monaten stellte der deutsche Reisekonzern Insolvenzantrag. Jetzt ist sicher: Für das Unternehmen als Ganzes gibt es keine Zukunft mehr.

Folgen der Thomas-Cook-Pleite: 660.000 Reisen abgesagt

Der insolvente Reiseversicherer Thomas Cook hat alle Buchungen für 2020 annulliert. Auf dem Schaden bleiben jetzt wohl die KundInnen sitzen.