taz.de -- Plan für besseren Güterverkehr: Vorfahrt für die Schiene

Was muss passieren, damit weniger Güter auf der Straße und stattdessen mehr mit der Bahn transportiert werden? Eine Handreichung in neun Punkten.
Bild: Zu selten gesehen: Güterzug auf der Schiene

PolitikerInnen, UmweltschützerInnen und VerkehrsexpertInnen fordern angesichts des Klimawandels und verstopfter Straßen seit Langem, dass mehr [1][Güterverkehr von der Straße auf die Schiene] verlagert werden muss. Doch die Deutsche Bahn organisiert ihren Güterverkehr noch viel schlechter als den für Personen. So könnte es besser werden:

1. [2][Schenker verkaufen]

Kapazitäten auf der Schiene ab- und auf der Straße aufbauen – das war die Logik, als die Bahn im Jahr 2002 das Logistikunternehmen Stinnes kaufte. Damit kam die Marke Schenker in den Konzern. Mit Schenker betreibt die Deutsche Bahn den Gütertransport per Lkw – sie macht sich also selbst Konkurrenz.

2. Schluss mit der Bevorzugung des Lkw-Verkehrs

Transporte per Laster sind auch deshalb so billig, weil die FahrerInnen schlecht bezahlt werden und unter miesen Bedingungen arbeiten. „Die milliardenschweren Dieselsubventionen sind schrittweise abzuschaffen, und die Lkw-Maut muss stärker als bisher die externen Kosten des Lkw-Verkehrs einbeziehen“, fordert der Bahnexperte der Grünen-Bundestagsfraktion Matthias Gastel.

3. Infrastrukur verbessern

Das Schienennetz und die technischen Anlagen müssen in Schuss gebracht werden. Die marode Infrastruktur führt zu Verspätungen und Zugausfällen. Überholspuren sind nötig, damit Güterzüge nicht für Züge des Personenverkehrs bremsen müssen.

4. Güterwagen und Loks modernisieren

Auch das Material auf der Schiene ist in einem schlechten Zustand und muss erneuert werden. „Wir fahren mit der Technik aus dem letzten Jahrhundert“, sagt Uwe Reitz, Sprecher der Eisenbahnergewerkschaft EVG.

5. Mehr Gleisanschlüsse

1994 hatten Unternehmen noch rund 12.000 private Anschlüsse ans Schienennetz, im Jahr 2018 waren es nur noch 2.350. Die Bahn hat KundInnen die Anschlüsse gekappt, die sie für nicht profitabel genug hielt. Heutzutage werden Gewerbegebiete oder Logistikzentren an Autobahnzufahrten angesiedelt, ein Schienenanschluss fehlt.

6. Einzelwagenverkehr verbessern

Nicht alle KundInnen brauchen einen ganzen Zug, sondern wollen nur einen oder einige Container transportieren. Dieser Einzelwagenverkehr ist für die Bahn aufwendig und teuer. Deshalb hat sie versucht, diesen Bereich zu verkleinern. Doch nur wenn dieser Service ausgebaut wird, kann Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden.

7. Alles-und-überall-Anspruch

Die DB Cargo konzentriert sich auf den Transport von sogenannten schienenaffinen Gütern und überlässt andere Waren dem Lkw. „Sie hat Konsumgüter nicht im Blick“, sagt René Naumann, Bahnexperte des Beratungsunternehmens KCW. „Der Anspruch muss aber sein, alles und überall zu transportieren.“

8. Besserer Service

„Die Kunden sind unzufrieden“, sagt Bahnexperte Uwe Höft. Die DB Cargo sei unzuverlässig und intransparent. „Keiner weiß, wer bei der Bahn wofür zuständig ist“, sagt er. Teilweise müssen KundInnen zwei Wochen auf eine Antwort warten, wenn sie ein Angebot einholen.

9. Weniger Gier

In der Vergangenheit hat sich die Bahn konsequent von Geschäften getrennt, die den ManagerInnen nicht genug Profit gebracht haben. Was betriebswirtschaftlich sinnvoll sein mag, ist es verkehrspolitisch nicht unbedingt. „Diesen Zielkonflikt muss die Politik lösen“, sagt Naumann.

7 Nov 2019

LINKS

[1] /Deutsche-Bahn-will-kraeftig-investieren/!5601743
[2] /Aufsichtsratsitzung-der-Deutschen-Bahn/!5552804

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Logistik
Güterverkehr
Weltklimakonferenz
Niedersachsen
Deutsche Bahn
Deutsche Bahn
Bahnreform
grüne Mobilität
Deutsche Bahn

ARTIKEL ZUM THEMA

Bahnvorstand Huber antwortet der taz: „Nach Glasgow per Bahn“

Unser Redakteur beschwerte sich, dass es fast unmöglich sei, mit der Bahn zur Klimakonferenz zu gelangen. Hier antwortet Bahnvorstand Huber.

Konzern spendiert Haltestelle: Ein Bahnhof für die Saatgutfirma

Im südniedersächsischen Einbeck wird ein neuer Bahnhaltepunkt eingeweiht. Die Deutsche Bahn muss dafür keinen Cent bezahlen.

Güterverkehr der Deutschen Bahn: Die Lage ist desaströs

Immer weniger Güterwagen, immer weniger Zugang zum Schienennetz: Die Deutsche Bahn hat ihre Alternative zum Transport per Lkw abgewirtschaftet.

Bundeszuschuss für die Bahn: 11 Milliarden gegen den Wettbewerb

Bahn-Konkurrenten sind empört: Neue Gelder für den Konzern seien wettbewerbswidrig und womöglich ein Versuch, das Stuttgart-21-Etatloch zu stopfen.

Wie die Bahn besser werden kann: Die Schiene leben!

In Zeiten der Klimakrise ist eine nachhaltige, effiziente und gern genutzte Deutsche Bahn wichtiger denn je. Zehn Vorschläge für eine Reform.

Personenverkehr und Klimapaket: Großer Wurf?

Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft EVG sind sich uneins über den Schienenausbau. Vieles fehlt noch bis zur umweltschonenenden Mobilität.

Deutsche Bahn will kräftig investieren: Mehr Schienenkapazitäten fürs Klima

Mehr Züge, mehr Plätze, mehr Personal: Die BahnmanagerInnen wollen den Klimaschutz voranbringen. Doch die Finanzierung ist ungewiss.