taz.de -- Versöhnlicher Abschluss

Florian Wellbrock hübscht mit der Goldmedaille über 1.500 Meter Freistil die deutsche WM-Bilanz auf. Doch im Team weiß man: Es muss sich einiges bessern
Bild: Überschäumende Freude: Wellbrock feiert am Sonntag seinen WM-Titel

Von Jannik Höntsch

Als Florian Wellbrock bei seinem 1.500-Meter-Freistil-Finale auf den letzten vier Bahnen die Führung übernahm, sah es für den Magdeburger bereits nach einem erneuten Gewinn des Weltmeistertitels aus. Wie auch schon bei seinem Sieg im Freiwasser lieferte sich der Magdeburger bis zum Schluss einen spannenden Kampf mit seinen Konkurrenten. Genauso wie dort war es schließlich er, der diesen für sich entscheiden konnte. Obwohl er knapp unter seiner persönlichen Bestzeit blieb, sicherte er sich bereits seinen zweiten WM-Sieg in Gwangju. Bereits im Freiwasser gewann er Gold über 10 Kilometer, und das deutsche Team war ebenso durch mehrere Olympiaqualifikationen und Medaillen aufgefallen.

Bis zu Wellbrocks Sieg am Sonntag konnte man in den Beckenwettbewerben nicht an die Anfangserfolge im Freiwasser anknüpfen. Lediglich Sarah Köhler sorgte für eine weitere Medaille – sie wurde auf den 1.500 Metern Freistil Zweite. Über die 800-Meter-Freistil stellte sie am Samstag zudem einen neuen deutschen Rekord auf und wurde Vierte. Auch die Routiniers um Philip Heintz oder Franziska Hentke verfehlten das Podest nur knapp und mussten mit vierten Plätzen Vorlieb nehmen. „Es gab einige gute Platzierungen und einige Finalteilnahmen“, resümierte der Interims-Teamchef Frank Embacher das Geschehen. Für einen Aufschwung sei es aber noch zu früh gewesen. „Nach dem kurzfristigen Aus des ehemaligen Bundestrainers Henning Lambertz“ sei es „zu kurz gewesen, große Veränderungen vorzunehmen“.

Diese seien im deutschen Schwimmsport dringend notwendig. „In den letzten fünf Jahren ist man die Ursachen nicht angegangen, sondern hat nur an den Auswirkungen gearbeitet.“ Künftig müsse man die Talente im Nachwuchsbereich verstärkt sichten. Zudem müsse man die individuelle Herangehensweise der Heimtrainer wieder besser unterstützen. In anderen Schwimmnationen sei es üblich, dass diese für die Trainingsplanung ihrer Athleten verantwortlich sind. In den vergangenen Jahren wurde diese Planung aber durch vorgegebene Konzepte des damaligen Bundestrainers bestimmt. „Es war abzusehen, dass sich diese Gleichmacherei sich nicht auszahlt“, urteilt Embacher.

Im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Tokio habe man aber mit den Qualifikationen der Staffeln eine wichtige Hürde genommen. „Die Atmosphäre im Team ist gut. Wir werden den Weg Richtung Tokio mit unseren Aushängeschildern gehen.“ In deren Windschatten sollen sich die Jüngeren im Team, wie zum Beispiel die 17-jährige WM-Finalistin Anna Elendt über 50 Meter Brust, so weiterentwickeln können.

Frank Embacher wird diese Entwicklung voraussichtlich als Heimtrainer der Leipziger Marie Pietruschka und David Thomasberger verfolgen. Er war in Gwangju nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Team-Chef Hannes Vitense eingesprungen. „Das war für mich überhaupt keine Frage.“ Dauerhaft sei die Doppelbelastung aus Heim- und Bundestrainer aber eher schwierig. Eher benötige man im Deutschen Schwimmverband (DSV) beratende Positionen. Für Embacher wäre es wichtig, dass diese zwar Insider mit Erfahrung, aber nicht anderweitig im Bundesverband involviert seien. „So könnte man alte Strukturen aufbrechen und schließlich neue Wege gehen.“

Mit den Erfolgen von Florian Wellbrock bei dieser WM gestaltet sich dieser Prozess nun etwas leichter. Bei seinem Sieg über 1.500 Meter Freistil blieb er übrigens nur knapp unter der Weltrekordzeit des Chinesen Sun Yangs, der wegen seiner Betrugsaffären bei dieser WM zum Antihelden wurde.

29 Jul 2019

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Jannik Höntsch

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