taz.de -- Kolumne American Pie: Gewinnt vier?
Der Drei-Punkte-Wurf ist in der NBA beliebter denn je – auch wegen der Warriors, die wieder im Finale stehen. Einige wollen nun eine neue Regel.
Es war – natürlich – ein Dreier, der die Golden State Warriors ins NBA-Finale beförderte. Draymond Green versenkte ihn 39 Sekunden vor Schluss der Verlängerung, es war der „Wurf des Spiels“, fand nicht nur sein Trainer Steve Kerr. Am Ende stand ein 119:117 für den Titelverteidiger, es war der vierte Sieg gegen die Portland Trailblazers im vierten Spiel, obwohl Ausnahmespieler Kevin Durant die ganze Halbfinalserie lang fehlte.
Zum fünften Mal in Folge stehen die Warriors nun im NBA-Finale. Ein Trend ist derzeit auffällig. Der Distanzwurf ist so angesagt wie noch nie in der NBA. 1979 wurde die Dreierlinie in der NBA eingeführt. In der ersten Saison versuchte jede Mannschaft im Schnitt gerade mal 2,8 Dreier pro Spiel, ein Jahr später waren es sogar nur 2,0. Der Dreier war ein Verzweiflungswurf, nicht Teil der Taktik. Auch noch ein Michael Jordan warf in seinen besten Tagen weniger als zwei Dreier pro Spiel.
Das hat sich grundlegend verändert: Sage und schreibe 32 Dreier warf jedes Team in der vergangenen regulären Saison, mehr als 35 Prozent davon fanden ihr Ziel. Das ist zwar entschieden weniger als die 50,4 Prozent, die von den Zwei-Punkte-Würfen in der NBA versenkt wurden. Aber so ein Dreier zählt eben auch drei Punkte und ist deswegen ein effektiverer Wurf – sagt jedenfalls die Mathematik.
Dieser Logik der Prozente folgen mittlerweile nahezu alle Mannschaften. Die Folge: Basketball sieht heutzutage vollkommen anders aus. Große, schwere Center, die früher ausschließlich für das Rebounden unter dem Korb zuständig waren, treiben sich nun am Rande des Spielfels herum, um Dreier versenken zu können. Aufbauspieler brechen das Dribbling zum Korb ab, drehen drei Schnörkel, bis sie wieder hinter der Dreierlinie stehen und von dort abziehen können.
Vier-Punkte-Wurf eine „Lachnummer“
Ironischerweise sind es diese Warriors, die gegen den Trend wieder vermehrt auf die Würfe aus der Mitteldistanz setzen. Dabei waren sie es, die den Dreier als primäre Waffe in der NBA etabliert haben. Ihre Erfolge, die drei Meistertitel aus den vergangenen vier Jahren, haben sie der unwirklichen Treffsicherheit von Stephen Curry, Klay Thompson und Kevin Durant aus großer Distanz zu verdanken. Vor allem Curry setzte Maßstäbe: Niemand in der Geschichte der NBA versenkte so viele Dreier.
Nun, da sich das Spiel so radikal verändert hat, nimmt eine alte Diskussion neue Fahrt auf: Braucht der Basketball einen Vier-Punkte-Wurf? Manche Kommentatoren glauben, dass eine zusätzliche Linie ungefähr 8,5 Meter vom Korb entfernt das Spiel attraktiver machen könnte. Andere, wie dem ehemaligen Profi Reggie Miller, einer der besten Distanzschützen seiner Generation, halten diese Idee für eine „Lachnummer“. Tatsächlich stehen Formen des Vierers bislang nur bei den Harlem Globetrotters, der Senioren-Liga BIG3 oder im V.I.P.-Spiel im Vorfeld des NBA-Allstar-Spiels, wo Schauspieler und Popstars gegen dick gewordene Ex-Spieler antreten, im Regelwerk. Immerhin setzen einige NBA-Teams eine Vier-Punkte-Linie schon im Training ein, um die Sicherheit aus der Distanz zu verbessern.
Aber noch ist der Vierer ein Gimmick, findet auch Golden-States-Trainer Steve Kerr, als Spieler selbst ein Dreierexperte: „Klingt für mich nach Zirkus. Man gewinnt ein Kuscheltier, wenn man einen Vierer versenkt. Das ist doch wahnsinnig.“ Erst einmal steht die NBA-Finalserie an für Curry und Konsorten. Die beginnt am 30. Mai entweder gegen Milwaukee oder Toronto: Noch viel Zeit, um Dreier zu üben.
21 May 2019
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