taz.de -- Libyischer General Chalifar Haftar: Gaddafis persona non grata

Anführer des Angriffs gegen Tripolis ist der libyische General Chalifar Haftar. Einst unterstützte er Gaddafi – von dem er später ausgestoßen wurde.
Bild: Bei einem Treffen in Russland: Libyens General Chalifar Haftar

Mit [1][seinem Angriff auf die libysche Hauptstadt Tripolis] ist dem selbst ernannten Feldmarschall Chalifa Haftar einmal mehr ein Überraschungscoup gelungen. Obwohl der 72-Jährige schon seit Monaten die Vertreibung der Tripolis-Milizen angekündigt hatte, rechneten weder internationale Diplomaten noch Milizen mit einem Zangenangriff der aus Ostlibyen stammenden Einheiten, noch dazu während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres.

Haftars Gegenspieler – der international anerkannte Premierminister Fayez Serraj und die mit ihm verbündeten Milizen – haben ihre Verteidigungsallianz „Wadi Dum 2“ genannt. Sie erinnern damit an das nationale Trauma, das der unter Muammar Gaddafi zum General beförderte Haftar in den späten 80er Jahren zu verantworten hatte: die Niederlage der libyschen Armee im benachbarten Tschad.

Als junger Mann gehörte Chalifa Haftar dem engen Kreis von Männern an, die sich 1969 dem Putsch von Muammar Gaddafi gegen König Idriss anschlossen. Schnell machte der für seine Kompromisslosigkeit berüchtigte Haftar Karriere in der libyschen Armee und wurde Kommandeur eines Expeditionskorps, das weit in den Tschad vordrang. Gaddafi wollte sich den ursprünglich zwischen den italienischen und französischen Kolonialherren umstrittene und an Uran und Öl reichen „Ouzu“-Streifen einverleiben.

8.000 libysche Soldaten drängten die von der französischen Armee unterstützten tschadischen Regierungstruppen zurück. Doch 1987 schlugen Tobu-Milizen die Libyer unter hohen Verlusten in die Flucht. Haftar geriet in Gefangenschaft und wurde von Gaddafi zur Persona non grata ernannt. Der französische Präsident Giscard d’Estaing vermittelte ihm ein Leben im Exil in den Vereinigten Staaten. Dass Haftar mit seiner Familie die Zeit bis zu dem Aufstand gegen Gaddafi im Februar 2011 ausgerechnet in Langley, unweit des CIA-Hauptquartiers, verbracht hat, sehen viele der libyschen Revolutionäre als Beweis dafür, dass er im Auftrag ausländischer Mächte handelt.

Mit der Revolution kehrte Haftar nach Libyen zurück, stand aber im vom Gaddafi-Regime befreiten Bengasi lange im Schatten des Chefs der „Spezialeinheiten der Armee“, Abd al-Fattah Yunis. Der Mord an Yunis hätte fast zur Einnahme von Libyens zweitgrößter Stadt durch Islamisten geführt. Doch zusammen mit dem kleinen Offizierkorps der Armee organisierte Haftar den Widerstand, um eine Übernahme durch Islamisten zu verhindern.

Nach Berichten von UN-Experten wird seine aus lokalen Milizen und salafistischen Kampftruppen bestehende „Libysch-arabische Armee“ LNA von Ägypten und Russland unterstützt. Haftars Gegner in Bengasi leben gefährlich. Immer wieder wurden bekannte Gegner entführt oder von Unbekannten umgebracht, verhaftete Islamisten wurden ohne Gerichtsverfahren erschossen. Haftars Söhne wurden mittlerweile zu Offizieren der LNA befördert – obwohl sie zuvor nie in der libyschen Armee gedient haben.

Wie ist die Situation in Libyen einzuschätzen? Damit beschäftigt sich [2][der Kommentar „Wege in den Abgrund“].

8 Apr 2019

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AUTOREN

Mirco Keilberth

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