taz.de -- Berliner Eisbärbaby getauft: Greta wäre besser
Hertha macht jetzt auch Werbung im Tierpark Friedrichsfelde und übernimmt die Namenspatenschaft des kleinen Eisbärenmädchen.
Berlin taz | Die Eisbärenmutter Tonja sitzt auf dem höchsten Stein ihres Auslaufgeheges im Tierpark in Friedrichsfelde und säugt die kleine Tochter. Den beiden bietet sich ein gewohnter Anblick: Auf den Steintribünen vor dem Gehege verschaffen sich MedienvertreterInnen und BesucherInnen mit Teleobjektiven einen Blick auf die Eisbärenfamilie. An diesem Dienstagvormittag sind besonders viele gekommen, denn das berühmte Eisbärenbaby wird getauft.
Es soll wie der Berliner Fußballverein heißen: Hertha. „Wir haben uns für einen Paten entschieden, und der Pate hat sich für einen Namen entschieden“, sagt Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. Für die „Zeremonie“ betreten zunächst zwei als Bären verkleidete Maskottchen das Gehege. Sie legen gefrorene Fischtorten nieder und platzieren einen blauen Ball mit der Aufschrift des Vereins. Winkend verschwinden die Maskottchen aus dem Gehege.
Wenig später erscheinen Eisbärenmutter und -kind auf dem Fels. Es dauert eine Weile, bis Hertha den gleichnamigen Ball entdeckt, dann tollt sie mit dem neuen Spielzeug umher. Die Auslöser der Kameras rattern los. Vor dem Gehege steht Ingo Schiller, Geschäftsführer der Hertha BSC, auf der Steintribüne und gibt Interviews. Seine Frau habe die Initialzündung zur Bewerbung gegeben, weil sie von der Namenspatenschaft in der Zeitung gelesen hatte, sagt er. Am kommenden Samstag werden Tierpark-VertreterInnen ins Stadion eingeladen und ab heute wird mit Plakaten für die kleine Eisbärin und den Verein in der ganzen Stadt geworben.
„Am Ende geht es doch ums Geld“
Auf der anderen Seite der Tribüne stehen TierparkbesucherInnen, hauptsächlich RentnerInnen. Viele finden die Namensgebung weder süß noch originell. „Greta hätte ich viel besser gefunden“, sagt Bärbel Claaßen. Ein Name, der gesellschaftliches Engagement verkörpere und keine Werbung für einen Fußballverein sei. Eine andere Besucherin mahnt, dass besonders der Bezirk Friedrichsfelde, aufgrund der Nähe zu Köpenick, Union-Gebiet sei und der Name hier wenig Anerkennung finden werde.
„Am Ende geht es doch ums Geld, wie immer“, sagt Sylvia Schwiebes. Über Geldbeträge wird an diesem sonnigen Dienstagvormittag vonseiten der Veranstalter nicht gesprochen, aber die Medienwirksamkeit sei ohnehin unbezahlbar, so Knieriem. Wäre allen Sponsoren die Möglichkeit gegeben, ihre finanzierten Projekte selbst zu benennen, könnten Teile des Regenwaldes bald Krombach und geschützte Bären in Rumänien Daimler heißen.
2 Apr 2019
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