taz.de -- Vorwürfe gegen Politiker in Schottland: Fehler im Belästigungsfall
Schottlands Regierung gibt zu, Vorwürfe gegen den Ex-Regierungschef Alex Salmond falsch geprüft zu haben. Das wird die Regierung viel kosten.
Eigentlich könnte gerade die Stunde der schottischen Regierung geschlagen haben: Der Brexit rückt näher – und damit wachsen die Hoffnungen der Unabhängigkeitsbefürworter auf ein neues Referendum über die Abspaltung vom Vereinigten Königreich. Doch es rumort bei den Separatisten von der Scottish National Party (SNP): Die schottische Regierung hat vor dem Obersten Gericht Schottlands Rechtswidrigkeiten bei der Untersuchung von [1][Belästigungsvorwürfen gegen den früheren SNP-Regierungschef Alex Salmond] eingestanden.
Salmond ist ein Vorkämpfer für die [2][schottische Unabhängigkeit]: Von 2007 bis 2014 regierte er als Erster Minister Schottlands und führte den britischen Landesteil zum Referendum im Jahr 2014. Der derzeitigen Regierungschefin Nicola Sturgeon ist Salmond lange Mentor und enger Vertrauter gewesen.
Im Januar 2018 hatten zwei MitarbeiterInnen bei der schottischen Regierung Beschwerde gegen den früheren Regierungschef eingelegt. Sie seien von ihm im Dezember 2013 sexuell belästigt worden, also während der Amtszeit des SNP-Granden. Salmond hatte die Vorwürfe bestritten und sie als „offenkundig lächerlich“ bezeichnet. In diesem Zusammenhang trat er auch aus der SNP aus, deren Vorsitzender er zuvor auch gewesen war.
Die Untersuchung der Vorwürfe durch die schottische Regierung beschrieb Salmond als „grob unfair“, daher beantragte er eine gerichtliche Überprüfung. Eigentlich hätten Anhörungen in der kommenden Woche stattfinden sollen – kurzfristig aber war nun ein Termin am Dienstag anberaumt worden, das mit einer Einigung zwischen Salmond und der Regierung endete. Die Polizeiermittlungen dauern an.
Unabhängigkeitspläne gefährdet
Die von der schottischen Regierung eingestandenen Fehler betreffen den Prozess der Untersuchung: Die mit den Ermittlungen betraute Person hatte vor der Untersuchung Kontakt zu den Mitarbeiterinnen gehabt. Die Regeln der Regierung erlauben genau das aber nicht – was nun für die Niederlage Edinburghs sorgte.
Die Regierung muss jetzt nach der Einigung Gerichtskosten übernehmen. Das dürfte den Steuerzahler mehrere Hunderttausend Pfund kosten, vermutete Salmond in einem Statement. Der frühere Erste Minister hatte zuvor per Crowdfunding rund 100.000 Pfund eingesammelt, um die Kosten der gerichtlichen Überprüfung zu begleichen. Laut den Kommentaren seiner UnterstützerInnen wähnen diese eine Verschwörung, hinter der ihrer Meinung nach nur Westminster stecken kann.
Salmond sieht die Schuld vor allem bei der obersten Beamtin der schottischen Regierung, Leslie Evans. Diese betonte in einer Mitteilung, es handele sich um einen „einzelnen verfahrenstechnischen Fehler“ – die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerinnen und ihre Beschwerde betreffe der juristische Sieg Salmonds nicht. Für [3][Nicola Sturgeon und ihre Abspaltungsträume] eine schwierige Situation: Ihre Regierung ist ausgerechnet mit demjenigen über Kreuz, den viele Befürworter eines autonomen Schottlands als das Gesicht der Unabhängigkeit sehen.
10 Jan 2019
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