taz.de -- Kolumne Pressschlag: Loden-Kalle fördert Hasan

Beim FC Bayern sind sie hellauf begeistert von „Brazzo“ Salihamidzic. Vorstandschef Rummenigge formt aus dem Bosnier eine Führungspersönlichkeit.
Bild: Loden-Kalle bei der Arbeit

Es ist kalt in diesen Tagen, in denen die vorweihnachtliche Besinnlichkeit allmählich ihren Sog entfaltet. Die Loden-Saison strebt ihrem Höhepunkt entgegen. Noch zwei Spieltage stehen an in der Bundesliga, der eine unter der Woche, der andere am kommenden Wochenende, aber eines, das soll und darf hier nicht verschwiegen werden, können wir bereits jetzt schon resümieren: Es war die Vorrunde des Loden-Kalle.

Sicher, ganz allein war er nicht, als er zu jener [1][Pressekonferenz im Oktober] einlud, in der er den Deutschen die Wichtigkeit des ersten Artikels unseres Grundgesetzes noch einmal erläuterte, was in Zeiten wie diesen nicht oft genug passieren kann. Seine Anmerkungen zur Menschenwürde wurden nicht nur in der Fachwelt diskutiert, nein, das ganze Land redete plötzlich über seine Interpretation des Artikels 1, was der Bayern-Vorstandschef als besonderen Erfolg verbuchen kann, da es sich in seinem Fall ja eben um keinen gelernten Juristen handelt.

Auch Uli Hoeneß, der Präsident, war an diesem Tag dabei. Er schwieg gewiss nicht, aber zumindest die juristische Perspektive wollte er nicht kommentieren. Die Bayern als Hüter der Verfassung: Das war eine, wenn nicht sogar die Nachricht der Vorrunde, die sonst so langweilig vor sich her dümpelte, weil dieser vermaledeite BVB sich bis heute noch gar keine Schwäche geleistet hat.

Hoeneß und Loden-Kalle sind ein eingespieltes Duo, und es würde sicher auch so bleiben, würden sie nicht vorausschauen, so wie es eben ihre Art ist, und sich um den Nachwuchs kümmern. Denn wenn wir uns recht erinnern, war noch ein Dritter anwesend bei jenem Auftritt aus dem Oktober: Hasan Salihamidzic. Er durfte die raue Luft des Wettbewerbs schnuppern, er saß rechts außen, während Loden-Kalle den linken Flügel und Uli Hoeneß das Zentrum besetzte.

Ein sehr „ausgeschlafener“ Mensch

Salihamidzic ist nicht nur ein alter Gewährsmann der Bayern, der damals, 2001, in der großen Mannschaft mit Keeper Kahn die Champions League gewann. Auf dem Posten des Sportdirektors hat sich der FC Bayern dem Vernehmen nach ein echtes Juwel an Land gezogen.

Schon als Salihamidzic vor anderthalb Jahren unterschrieb, rühmte Loden-Kalle ihn als einen sehr „ausgeschlafenen“ Menschen, was mit absoluter Sicherheit der Wahrheit entspricht, hat doch die notorisch argwöhnische Boulevardpresse in München noch von keiner einzigen Verspätung auf der Geschäftsstelle an der Säbener Straße zu berichten gewusst.

Überhaupt geht das Engagement überraschend harmonisch vonstatten. Salihamidzic hat zwar keinen Sitz im Vorstand, was aber auch nicht nötig ist, denn er wird ja auch so nach Kräften gefördert. Die Bayern wollen eben niemanden, der ihnen nach dem Mund redet, wie Loden-Kalle bekräftigte –, „ein Stück weit profilieren soll und muss“ sich der Neue im zweiten Jahr eben noch.

Mehr bewegt als Sammer und Nerlinger

Ein so ausgeschlafener Mensch wie Salihamidzic lässt sich das nicht zweimal sagen. Ob er nach dem Willen des Vorstandschefs ein Programm zur Charakterbildung durchlaufen hat, das ist uns nicht bekannt. Es ist genauso gut möglich, dass Salihamidzic selber rasch begriff, was die Situation erfordert. Wenig später erzählte „Brazzo“ (vom bosnischen Braco für Brüderchen) der Welt am Sonntag, dass er mehr bewegt hätte als seine Vorgänger Matthias Sammer und Christian Nerlinger, was vor allem Uli Hoeneß regelrecht begeisterte: „Er hat jetzt Mut, wirklich sehr offensiv nach vorne zu gehen. Das gefällt mir natürlich besonders gut.“

Muss ja irgendeiner auch übernehmen. Neuerdings nimmt „Brazzo“ sogar die Pressetermine vor den Auswärtsspielen des FC Bayern wahr, die sonst dem Vorstandschef vorbehalten waren. Ohne Loden-Kalle, davon können wir ausgehen, würden solche Karrieren zukünftig nur noch schwer möglich sein.

17 Dec 2018

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AUTOREN

Stefan Osterhaus

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