taz.de -- Enwicklungsexperte über Klimabericht: „Sehenden Auges in die Katastrophe“

Der globale Süden ist besonders vom Klimawandel betroffen. Entwicklungsexperte Harmeling fordert mehr Unterstützung der reichen Staaten.
Bild: Dieser See in Bolivien ist durch den Klimawandel völlig ausgetrocknet

taz: Der Klimawandel hat Folgen – vor allem für die Menschen im globalen Süden. Welche Gefahren drohen?

Sven Harmeling: Bereits jetzt wirkt sich der Klimawandel negativ auf die Nahrungsmittelversorgung im südlichen Afrika oder in Lateinamerika aus. Bei Nutzpflanzen wie Mais oder Reis gibt es weniger Ertrag. Der Meeresspiegel steigt an, das Meer holt sich in vielen Regionen Land zurück und vertreibt damit die Menschen. Jenseits von 1,5 Grad Erderwärmung werden die Folgen noch gravierender sein.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Genaue Zahlen zu nennen ist schwierig, denn die Ursachen, warum Menschen ihren Lebensraum verlassen, sind vielfältig. Schätzungen zufolge sind heute etwa 18 Millionen Menschen infolge von Wetterkatastrophen betroffen. Aber wir müssen davon ausgehen, dass in den kommenden Jahren [1][deutlich mehr Menschen fliehen müssen]. Vor allem innerhalb ihrer Länder, also etwa von den Küsten ins Landesinnere.

Was muss nun getan werden?

Die Industriestaaten, auch Deutschland, [2][müssen deutlich mehr Geld bereitstellen], um Klimaanpassungsmaßnahmen in ärmeren Staaten zu finanzieren. Die Summen, die bisher zur Verfügung stehen, reichen bei Weitem nicht aus. Sowohl finanziell als auch technisch müssen reiche Staaten arme Länder stärker unterstützen.

Die Industriestaaten haben ja bereits zugesagt, bis 2020 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Klimaanpassung beizusteuern. Doch bisher sieht es nicht so aus, als ob das Ziel erreicht würde. Ohnehin wird der Betrag nicht ausreichen, um die Länder des globalen Südens zu unterstützen.

Das Geld ist die eine Sache. Was muss sich politisch tun?

Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz müssen stärker kooperieren. Es gibt viele Synergiemöglichkeiten zwischen den Nachhaltigkeitszielen im Bereich Wasser oder Ernährung und Maßnahmen gegen den Klimawandel. [3][Der aktuelle IPCC-Bericht] hat den Druck auf die Politik erhöht. Politische Entscheider dürfen nicht länger sehenden Auges in die Klimakatastrophe steuern.

8 Oct 2018

LINKS

[1] /Debatte-Hitze-und-Gerechtigkeit/!5526884
[2] /Nach-dem-Bericht-des-Weltklimarats/!5542059
[3] /Kommentar-Sonderbericht-des-Klimarats/!5538327

AUTOREN

Tanja Tricarico

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Erderwärmung
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Klima

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Wir retten die Welt: Bier, Sex, Autobahn

Wer vor dem Klimawandel warnt, bemüht bislang Zahlen, Daten und Fakten – und erntet Gähnen. Also müssen andere Geschichten her.

CO2-Emissionen mindern: Einfangen und wegsperren?

Es gilt als letzte Hoffnung gegen die Erwärmung: Das Einfangen des Klimagases Kohlendioxid. Doch unter Klimaschützern ist die Methode umstritten.

Kommentar Sonderbericht des Klimarats: Tempo, Tempo, Tempo!

Die Erderwärmung aufzuhalten ist möglich – braucht aber schnelles Handeln. Deutschland ist dafür trotz bester Voraussetzungen nicht bekannt.

Nach dem Bericht des Weltklimarats: EU zufrieden mit ihrer Klimapolitik

Die Ruhe weg hat man in Brüssel. Die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen? Wozu ständig neue Ziele, läuft doch alles, sagen die Verantwortlichen.