taz.de -- Ausnahmezustand in Libyen: 400 Häftlinge aus Gefängnis geflohen
Seit einer Woche bekämpfen sich rivalisierende Milizen in der libyschen Hauptstadt Tripolis schwer. Jetzt gab es zusätzlich einen Massenausbruch aus einem Gefängnis.
Tripolis dpa | Nach Zusammenstößen rivalisierender Milizen in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist in der Millionenmetropole der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Regierung erklärte am Sonntag, angesichts der gefährlichen Lage diene der Ausnahmezustand dem Schutz der Zivilbevölkerung. Zudem rief sie die Konfliktparteien dazu auf, eine am Mittwoch vereinbarte Feuerpause zu respektieren.
Bei Kämpfen wurden nach Behördenangaben seit vergangenen Montag mindestens 39 Menschen getötet und Dutzende verletzt, darunter viele Zivilisten. Der Grund für den Ausbruch der Gewalt, in dessen Verlauf neben Schusswaffen auch Granatwerfer zum Einsatz kamen, blieb zunächst unklar. Die Milizen, die sich bekämpft hatten, waren demnach als Unterstützer der Regierung in Tripolis bekannt.
Durch das Chaos in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist rund 400 Häftlingen die Flucht aus einem Gefängnis gelungen. Wegen neuer Kämpfe sei unter den Häftlingen eine Meuterei ausgebrochen, teilte die libysche Polizei am Montagmorgen mit. Um das eigene Leben nicht zu gefährden, habe das Wachpersonal sie ziehen lassen müssen.
Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in Libyen ein Bürgerkriegschaos. Zahlreiche bewaffnete Milizen bekämpfen sich gegenseitig. Die international anerkannte Regierung in Tripolis konnte ihren Einfluss kaum über die Hauptstadt hinaus ausdehnen. Sie konkurriert mit einer Regierung im Osten des Landes. Beide werden von schwerbewaffneten Milizen unterstützt.
Im Mai hatten sich die Anführer der rivalisierenden Fraktionen bei einem Treffen in Paris auf Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 10. Dezember geeinigt.
3 Sep 2018
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