taz.de -- Streit zwischen Birkenstock und Amazon: Kein Entkommen vorm Online-Riesen
Hersteller wie Birkenstock wehren sich gegen den Vertrieb ihrer Produkte über die Onlineplattform. Doch der Kampf gestaltet sich schwierig.
Eigentlich sollte es diese Latschen auf Amazon nicht geben. Zumindest wünscht sich das der Schuhhersteller Birkenstock. Das Familienunternehmen aus Neustadt führt seit Monaten einen Rechtsstreit mit der amerikanischen Online-Handelsplattform. Denn die Geschäftsbeziehungen mit Amazon Deutschland und in der EU wurden eigentlich gekündigt.
Trotzdem tauchen die Sandalen und Gesundheitsschuhe der Öko-Marke immer noch auf der Plattform auf. Zum Beispiel am viel beworbenen „Prime Day“ in dieser Woche, an dem Markenartikel, darunter auch Birkenstock-Ware, mit hohen Rabatten angepriesen wurden. Das Unternehmen reagiert verärgert und fühlte sich genötigt, erneut klarzustellen, dass es keine Zusammenarbeit mit der US-Firma mehr gibt. Auf Anfrage wollte Amazon Deutschland den Fall nicht kommentieren.
Der Streit zwischen Birkenstock und Amazon steht exemplarisch für den komplexen Warenhandel im Netz. Woher die Artikel kommen, wie die Preise entstehen ist im Einzelfall nicht nachzuvollziehen. Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel, sieht Birkenstock in einem Dilemma, aus dem das mittelständische Unternehmen nur schwer wieder herauskommt. „Amazon ist sehr aktiv auf dem Markt unterwegs“, sagt Prothmann. Ware wird von insolventen Läden aufgekauft, von Warenhäusern, von unterschiedlichsten Händlern aus dem In- und Ausland, und je nach Angebot und Nachfrage an die Onlinekundschaft verkauft. Die Hersteller haben so gut wie keine Chance, Einfluss zu nehmen.
Vertriebsbeschränkungen hält Prothmann dennoch für keine gute Lösung. Stattdessen plädiert er dafür, verstärkt mit Händlern und auch Amazon als Online-Handelsplattform zusammenzuarbeiten. „Nur dann können die Hersteller den Vertrieb steuern“, sagt er. Auch der Schutz vor Fake-Artikeln sei dann leichter.
Birkenstock sind die Hände gebunden
Für Birkenstock sind die online angebotenen gefälschten Produkte hingegen ein Grund, nicht mehr mit Amazon zusammenzuarbeiten. Handelsexperten wie auch andere Unternehmen wie die Drogerieanbieter dm oder Rossmann sehen Plattformanbieter wie Amazon in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass keine Fake-Waren verkauft werden.
Haben Hersteller dennoch den Eindruck, dass Betrüger ihren Markennamen missbrauchen, müssen in der Regel Anwälte für Klarheit sorgen und die Anbieter zur Rechenschaft ziehen. Um das Problem zu entschärfen, fordert Prothmann mehr Mitspracherecht und Kontrollmöglichkeiten für die Hersteller. „Dann kommt auch gute Ware auf den Markt“, sagt er.
Wie Birkenstock entscheiden sich verstärkt auch andere Hersteller dafür, ihre Produkte selbst zu vertreiben. Eigene Onlineshops aufzubauen oder per App der Kundschaft Spezialangebote zu machen, ist heute technisch – und auch finanziell – kaum ein Problem. Adidas hatte einen solchen Weg angedeutet. Auch Hersteller von hochpreisigen Produkten wie Qualitätskopfhörer oder Küchenutensilien scheren aus und setzen auf eigene Vertriebskanäle.
Auch bei Birkenstock vermutet man, dass die Schuhe, die bei Amazon auftauchen, vermutlich aus Restbeständen kommen oder Geschäftsaufgaben. Die Rabatte gefallen natürlich keinem Hersteller. Schließlich haben sie nur wenig davon. Aber gegen die Preise anderer Händler können sie nur schwer vorgehen. Auch Birkenstock sind die Hände gebunden. Aber ungeschlagen will man sich nicht geben. Man unternehme selbstverständlich alle rechtlichen Schritte, um die Marke und die Interessen der Kunden zu schützen, erklärt das Unternehmen.
19 Jul 2018
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