taz.de -- Kommentar Trainerentlassung Spanien: Niemand vermisst Lopetegui

Schwächt die Entlassung des Trainers Spaniens Team bei der Fußball-WM? Ach was, diese Mannschaft braucht keinen Trainer.
Bild: Könnte wie aus dem Nichts Weltmeister werden: Fernando Hierro

Der Fußball soll aus Spanien endlich eine Einheit machen. Zumindest für den Zeitraum der WM muss die Katalonien-Krise in den Hintergrund rücken; Katalonier und Basken Hand in Hand auf den Fanmeilen, so die Vorstellung. Wäre da nur nicht Zinedine Zidane gewesen, der durch den Rücktritt als Chefcoach bei Real Madrid Julen Lopetegui die Chance gegeben hat, sein Nachfolger zu werden.

Lopetegui war bis zuletzt Nationaltrainer von Spanien und das durchaus erfolgreich. Ungeschlagen marschierte Spanien durch die Qualifikation, ließ dabei sogar Italien hinter sich. Nun der Wechsel – eigentlich nach der WM – zu Real Madrid. Der spanische Verband fühlt sich betrogen und [1][entlässt Lopetegui mit sofortiger Wirkung]. Das Medienecho ist groß, wie kann der spanische Verband sowas unmittelbar vor der WM nur machen? Eine regelrechte Farce. Doch war es überhaupt das Können Lopeteguis, das Spanien diese WM-Teilnahme ermöglichte?

Die weiteren Quali-Gegner waren unter anderem Mazedonien, Liechtenstein oder Israel – selbst für einen Loris Karius keine Herkulesaufgabe. Zumal in Spaniens Auswahl immer noch ein großer Teil der „Goldenen Generation“ steckt, die zwischen 2008 und 2012 alles zerlegte, was nicht rechtzeitig acht Mann in die Abwehr stellte. Insbesondere das eingespielte Innenverteidiger Duo Piqué/Ramos sorgt für eine Stabilität, wie sie jeder Nationaltrainer gerne hätte.

Ob jetzt der neue Nationaltrainer ein Greenkeeper aus Bietingheim-Bissingen wird oder die neue Idealbesetzung Fernando Hierro, der tatsächlich neuer Coach wird: Spaniens Mannschaft wird es nicht sonderlich verändern. Allein der Barcelona-Block bekommt fast jährlich (zuletzt Ernesto Valverde) einen recht unerfahrenen Vereinstrainer gestellt – und gewinnt dennoch souverän die Meisterschaft. Zu groß ist die Erfahrung im Team, zu groß die Qualität – und zu gering die Einführungszeit für eine andere Taktik; Spaniens erstes Spiel steigt bereits am Freitag.

Ein Abwehrspieler wie Sergio Ramos ist ein Leader auf dem Spielfeld, einer, der für seine Mannschaft töten würde – egal, unter welchem Trainer. Mit Lopetegui ist kein Kapitän von Bord gegangen, sondern ein Matrose.

13 Jun 2018

LINKS

[1] /Spanien-vor-der-Fussball-WM/!5513120

AUTOREN

Jaris Lanzendörfer

TAGS

Frauen-WM 2019
WM-taz 2018: Auf dem Platz
Julen Lopetegui
Fußball
Real Madrid
Frauen-WM 2019
WM-taz 2018: Auf dem Platz
Frauen-WM 2019
Fußball

ARTIKEL ZUM THEMA

Real Madrid in der Krise: Dead Man Walking

Real Madrid steckt in einer Negativserie. Julen Lopetegui ist nur deshalb noch Trainer, weil sich der Klub wohl auf keinen Nachfolger einigen kann.

Entscheidungsspiel gegen den Iran: Die Angst der Spanier

Schön haben die Spanier gegen Portugal gespielt. Trotzdem ging ihre erste Partie nur 3:3 aus. So wird das Spiel gegen den Iran zum Entscheidungsspiel.

Gruppe B: Portugal – Spanien: Ronaldooooohh gegen Dialektikitaka

Ronaldo trifft früh. Diego Costa folgt. CR7 trifft nochmal. Costa auch. Dann Nacho. Nochmal Ronaldo. Besseren Fußball werden wir lange nicht sehen.

Spanien vor der Fußball-WM: Favorit ohne Trainer

Nach der Fußball-WM sollte der spanische Nationaltrainer Julen Lopetegui zu Real Madrid wechseln. Nun kann er dort sofort antreten.

Testspiel Deutschland – Spanien: Hübsch riskant

Beim Testspiel zwischen Deutschland und Spanien war die Lust am Fußball spürbar. Am Ende war es egal, dass das Spiel keinen Sieger fand.